Die Geigenbauerin Katharina Starzer steht in ihrer Werkstatt mit einer Geige in den Händen

Geigenbauerin Katharina Starzer

„Zur Geige hat der Mensch die engste Beziehung“

Einen brillanten Ton erzeugen – und dabei im wahrsten Sinne des Wortes „ast-rein“: Das ist Katharina Starzers Arbeit und Leben. Sie baut Violinen, Celli, Violas. Ein Besuch in ihrer Geigenbau-Werkstatt in Haidhausen, die zugleich Laden und Klangatelier ist.

Wer in den Laden in der Haidhauser Kellerstraße – unweit der Philharmonie – eintritt, findet sich umgeben von Bandsägen, Winkelschleifern und Ständerbohrmaschine, Korkunterlagen, auf die man ein Instrument mit seinem gewölbten Korpus legt, an den Wänden hängen Geigen in unterschiedlichen Fertigungszuständen, und mittendrin sitzt Katharina Starzer an ihrer Werkbank und arbeitet an einem fast fertigen Instrument. Es duftet nach Holz und Leim, die Luft ist wohltemperiert.

Diese kleine Werkstatt passt hervorragend nach Haidhausen, denn der Stadtteil steht ja sowohl für die Nähe zur Musik (der Gasteig ist Europas größtes Kulturzentrum), als auch für urige Manufakturen und eben jene Handwerkstätten wie die von Katharina Starzer. Die hochgewachsene Frau, gebürtig aus Gießen, ist Geigenbauerin – eine von mittlerweile über 30 in München und Umgebung. Wie wird man das?

„Auf Umwegen!“, lacht sie und erzählt: „Erst habe ich mich nämlich in der Möbelrestaurierung versucht und schnell bemerkt, dass mir da irgendetwas fehlt! Mein Arbeitsmaterial erschien mir nach kurzer Zeit irgendwie zu eindimensional, zu leblos. Da musste es doch mehr geben! Und ich war schon durch den Geigenunterricht von klein auf vertraut mit dem, was Holz noch alles kann.“

Bereits als kleines Kind hat sie gespürt: „Zur Geige hat der Mensch wohl die engste Beziehung, enger noch als zu Klavier, Fagott oder Harfe. Das Holz ganz nah an Hals und Gesicht lässt deinen Körper mit der Schwingung des Instruments verschmelzen. Mein Wunsch, mit dem Holz Klang zu schaffen, ist so entstanden, und seither treibt er mich weiter an wie eine Sehnsucht!“

Ihre Instrumente entstehen nach Vorlagen großer Vorbilder, deren Werke bis heute eigentlich nicht optimierbar und bestenfalls nachahmbar sind.

Sie hat sich daraufhin an der renommierten staatlichen Berufsfachschule für Geigenbau in Mittenwald angemeldet und dort auch ihren Gesellenabschluss gemacht. Dann ging es zielstrebig weiter: Gesellin in München bei Michael Jaumann für Reparatur, Restaurierung und Neubau von Streichinstrumenten und Bogen, Gesellin in Lausanne bei John-Eric Traelnes mit Schwerpunkt Reparatur und Restaurierung, Gesellin bei Martin Schleske, Lackierkurse bei François Perego.

„Schließlich habe ich meine Meisterprüfung an der Handwerkskammer Hamburg abgelegt und seitdem bin ich selbstständig in München mit meiner Meisterwerkstatt für Geigenbau.“ Als Krönung kam auch noch der Ruf zurück an den Ort des Ursprungs ihrer Ausbildung – ein Lehrauftrag an der Staatlichen Berufsfachschule für Geigenbau in Mittenwald.

Die Konkurrenz ist nicht unerheblich. „In einer Stadt, die sechs große Berufsorchester, eine renommierte Musikhochschule und rund 50 Amateurorchester hat, dazu ein kultiviertes Bildungsbürgertum, das seine Kinder ein Instrument lernen lässt, ist aber auch zum Glück die Nachfrage groß“, sagt Katharina Starzer.

Tatsächlich baut sie ihre Instrumente noch wie vor 400 Jahren – nach den uralten, ewig gültigen Regeln der Geigenbaukunst.

Zurück in die Kellerstraße, in den Raum, in dem überall die Geigen hängen, hier und da auch ein Cello, und ein Kontrabass: Hier erschafft Katharina Starzer Klang. Tatsächlich baut sie ihre Instrumente noch wie vor 400 Jahren – nach den uralten, ewig gültigen Regeln der Geigenbaukunst. Ihre Instrumente entstehen nach Vorlagen großer Vorbilder, deren Werke bis heute eigentlich nicht optimierbar und bestenfalls nachahmbar sind: Amati, Guarneri und natürlich Antonio Stradivari.

Die Materialien stammen heute wie damals aus dem Wald, Katharina Starzer bezieht sie von Tonholzhändlern: Ahorn für den Zargenkranz, den Hals und den Boden, Fichte für die Decke des Korpus, Ebenholz für die Auflage. Das Holz wird in den Wintermonaten bei Neumond geschlagen und landet nach längerer Lagerung irgendwann auf Katharinas Werkbank. Und wenn man so ein Stück Holz in die Hand nimmt und daraufklopft, dann schwingt und singt und tönt es schon im beinahe noch rohen Zustand.

Rund zwei Monate arbeitet die hochgewachsene junge Frau mit den feinen Händen an einem Instrument, das dann am Schluss zwischen 20.000 und 30.000 Euro kostet.

„Hier folge ich dem Phasenverlauf des Holzes“, erklärt die Geigenbauerin und hobelt und sticht und klopft aufs Holz und zeigt, wie es immer deutlicher klingt und schwingt und wie daraus Schritt für Schritt die klanggebende gewölbte Form eines perfekten Geigenkorpus entsteht, nur noch zwei, maximal drei Millimeter dick. „Jedes Streichinstrument“, sagt sie, und sieht sich in ihrer Werkstatt um, „ist ein Unikat – und trägt irgendwann meine klangliche Handschrift.“

Rund zwei Monate arbeitet die hochgewachsene junge Frau mit den feinen Händen an einem Instrument, das dann am Schluss zwischen 20.000 und 30.000 Euro kostet. Ihre Kunden sind Musikschulen, Orchesterprofis und Amateure. Hier in der Werkstatt entstehen die Einzelteile des Instruments: Korpus und Zargenkranz, Hals und Schnecke.

Der Bassbalken wird eingeleimt, die Schalllöcher (wegen ihrer f-Form auch f-Löcher genannt) geschnitten, Griffbrett und Geigensteg werden aufgepasst, alle austauschbaren Teile angepasst und aufgeleimt. Wenn nach dem Lackieren und Trocknen das Instrument spielfertig gemacht und die Saiten nach dem „Tunen“ durch Feinjustierungen zum ersten Mal zum Schwingen gebracht werden, offenbart sich an der Klangfarbe die Virtuosität ihres Handwerks.

„Es kommt auf so vieles an, etwa, wie hoch die Decke gewölbt ist, wie weit ich die Wölbung bis zum Rand rausziehe – auch die minimalsten Unterschiede machen, dass das Instrument eine andere Klangfarbe mitbringt.“ Jedes Instrument ist also ein Unikat.

Würde Sie also ein von ihr selbst gebautes Instrument am Klang erkennen? Katharina Starzer lächelt und nickt.

„Vom Hören und Spielen habe ich über die Jahre meine eigene Klangvorstellung entwickelt. Diese Idee füge ich in meine Instrumente hinein, wobei jedes einzelne, durch die Eigenart des Holzes und des Modells, einen ganz eigenen Charakter hat. Das ist für mich der größte Reiz an meinem Handwerk. Ein ästhetisches, allen Regeln der Geigenbaukunst entsprechendes Instrument zu schaffen, das meinem Ideal Raum gibt, den Ton klar und stark und dabei mühelos zu erzeugen.“

Würde Sie also ein von ihr selbst gebautes Instrument am Klang erkennen? Katharina Starzer lächelt und nickt. „Ja, das würde ich wohl“, sagt sie und fügt schnell hinzu, dass sie sich über die prominenten Namen unter ihren Kunden dennoch lieber ausschweigt. Die Musik spricht schließlich für sich.

 

 

Text: Nansen & Piccard; Fotos: Frank Stolle
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