Wenn das Oktoberfest eröffnet wird, beginnt in München die „fünfte Jahreszeit“, heißt es. Denn das größte Volksfest der Welt stellt den Lebensrhythmus vieler Münchner*innen noch stärker auf den Kopf als der Wechsel vom Winter in den Frühling. Sich in dieser Melange aus Mythen, Traditionen und ungeschriebenen Gesetzen zurechtzufinden, ist selbst für Einheimische eine Herausforderung. Die sieben wichtigsten Tipps für Oktoberfestneulinge!
Rund sechs Millionen Menschen besuchen jedes Jahr das Oktoberfest. Durch den Andrang sind an den Wochenenden die Bierzelte regelmäßig wegen Überfüllung geschlossen. Aber selbst wenn sie geöffnet sind, ist es nahezu unmöglich, mit einer größeren Gruppe spontan ein paar freie Tische zu finden. Deshalb sollte man am besten einen Tisch reservieren– und zwar früh! Die Reservierungen werden im Frühjahr freigeschaltet, meist im März oder April. Eine zentrale Reservierungsstelle gibt es nicht, die Festzelte haben jeweils ein eigenes Portal.
Dos: rechtzeitig da sein (Reservierung verfällt sonst!); ohne Reservierung auf die Alternativen ausweichen: Biergärten, kleinere Zelte wie die Knödelei oder auf die Oide Wiesn gehen.
Dont’s: Tischreservierungen auf dem Schwarzmarkt kaufen; Stunden vor geschlossenen Zelt-Haupteingängen warten (lieber einen Nebeneingang probieren); die Bedienung bestechen.
14 große sowie 21 mittelgroße und kleine Festzelte gibt es auf dem Oktoberfest, und alle haben eine Gemeinsamkeit: die ausgelassene Stimmung. Insofern kann man bei der Wahl des Zeltes nicht viel falsch machen, trotzdem sollte man sich vorab über die jeweiligen Eigenheiten informieren. Während sich im Hofbräuzelt etwa vor allem internationale Touristen tummeln, sieht man in der Käfer Wiesn-Schänke einige Prominente. Das Schottenhamel hat das jüngste Publikum, die Augustiner Festhalle ist vor allem bei alteingesessenen Münchner*innen beliebt.
Und obwohl die Wiesn ein gut zweiwöchiger Ausnahmezustand ist, unterliegt auch der Dauerexzess einem gewissen Rhythmus. So gibt es vom Anstich bis zum abschließenden Böllerschießen immer wieder Highlights und Veranstaltungen, etwa am ersten Sonntag den wunderschönen Trachten- und Schützenzug oder den „Gay Sunday“ und den „RoslMontag“ in der Bräurosl.
Dos: Münchner*innen nach einer Zeltempfehlung fragen; ausreichend Zeit für den Besuch einplanen.
Dont’s: am Freitag- oder Samstagabend ohne Reservierung kommen.
Eine Person hat oft erstaunlich großen Einfluss darauf, ob der Wiesnbesuch großartig wird oder eben nicht: die Bedienung. Sie entscheidet, wie schnell oder langsam frisches Bier auf den Tisch kommt, bei möglichen Konflikten mit angetrunkenen Tischnachbarn hat sie beim Ordner das letzte Wort.
Deshalb gilt es, sich mit ihr gut zu stellen. Das gelingt in der Regel mit überdurchschnittlichem Getränkekonsum sowie großzügigem Trinkgeld. Zu einer Reservierung bekommt man zudem Getränke- und Essensmarken, bei denen aber das sogenannte Bedienungsgeld nicht immer enthalten ist. Auch bei den Marken gilt also: Trinkgeld nicht vergessen.
Dos: eine „Mass“ mit kurzem „a“ bestellen, dazu am besten „an Radi und a Brezn“.
Dont’s: jede Maß einzeln bestellen; am Tisch einschlafen.
Die gute Nachricht ist, dass es eine einfache Antwort auf die Frage gibt, was man auf der Wiesn anziehen sollte: Tracht. Die schlechte: Auch die kann man falsch tragen. Zudem ist eine echte Tracht eine recht kostspielige Anschaffung. Eine gute Alternative ist, sich das Dirndl oder die Lederhosen zu mieten.
Dabei wird man auch direkt beraten, wie man die Sachen richtig trägt. Beim Dirndl etwa teilt man den Mitmenschen – je nachdem wie man die Schürze bindet – den aktuellen Beziehungsstatus mit. Die Beratung ist also ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Ansonsten gilt: Wer schiefe Blicke vermeiden möchte, sollte einen Bogen um Sepplhüte, Stoff-„Lederhosen“ und grelle Mini-Plastikdirndl machen. Mit Jeans und kariertem Hemd ist man definitiv passender angezogen.
Dos: die Tracht des eigenen Heimatortes anziehen.
Dont’s: High Heels; Koffer, Rucksäcke und sonstiges Gepäck; Witz-T-Shirts.
Optional: Wie man das gewisse Etwas schafft und worauf man beim Leihen von Trachten achten sollte, gibt es hier zu lesen.
Auch wenn man es im bierdunstigen Trubel der Zelte schnell vergisst: Sie sind mit Kolleg*innen hier – und der nächste Arbeitstag kommt bestimmt. Deshalb sollte man es mit dem Trinken nicht übertreiben. Das ist leichter gesagt als getan. Denn das Festbier hat es nicht nur in sich, man kann es auch nur literweise bestellen. Und hat man zwei davon getrunken, hat man bereits so viel Alkohol intus, wie in ungefähr 18 Schnäpsen steckt.
Trinkt man stolze fünf Maß, entspricht die konsumierte Menge Alkohol gar einer ganzen Flasche Schnaps. Doch für in München ansässige Unternehmen ist der Wiesnbesuch ein Pflichttermin, und so haben sich auch einige Strategien entwickelt, wie man das gemeinschaftliche Trinken im professionellen Kontext pannenfrei bestreiten kann. Eine der besten: der Bedienung unauffällig mitteilen, dass man ab jetzt nur noch alkoholfreies Bier möchte. Optisch lässt sich das nicht unterscheiden, gleichzeitig vermeidet man, als Partymuffel dazustehen.
Dos: ein „Zwischenwasser“ bestellen; mit besonders guten Kolleg*innen eine Maß teilen.
Dont’s: vortrinken; eine Maß exen; Schnaps bestellen.
Beim Oktoberfest geht es vor allem ums Bier, könnte man meinen. Die Festzelte belegen allerdings nur einen Teil des Geländes, der sehr viel größere entfällt auf unzählige Fahrgeschäfte. Neben wilden Achterbahnen und kinderfreundlichen Karussells gibt es auch eine ganze Reihe von traditionellen Fahrgeschäften, die oft über hundert Jahre alt sind.
Für eine gute Zeit mit den Kolleg*innen sind diese Klassiker unbedingt empfehlenswert, insbesondere der Schichtl (ein Varietétheater), das Teufelsrad (Geschicklichkeitsspiel gegen die Fliehkraft), der Toboggan (eine Rutschbahn, bei der das „Hoch“ interessanter ist als das „Runter“), die Krinoline (historisches Karussell mit eigener Blaskapelle) und der Flohzirkus. Diese Attraktionen und Fahrgeschäfte kann man auch noch gut nach dem Bierzelt besuchen, was sich über die moderneren, sich überschlagenden Varianten nicht unbedingt sagen lässt.
Dos: die Tricks der Einheimischen abschauen.
Dont’s: mit zu hohem Pegel in ein zu schnelles, zu hohes, zu wirbelndes Fahrgeschäft.
Auch wenn es immer welche gibt, die das Ende nicht wahrhaben wollen: In den meisten Zelten ist um 22:30 Uhr Schluss, dann packt die Kapelle zusammen und die Bedienung bringt kein Bier mehr. Sollten Sie und Ihre Kolleg*innen noch nicht ausgefeiert haben, stellt sich nun die Frage, wie es weitergeht. Auf dem Festgelände bieten sich zwei Optionen: die Käfer Wiesn-Schänke und das Weinzelt, die noch bis halb eins weitermachen. Die Herausforderung ist das Reinkommen, denn es sind jeden Abend erstaunlich viele Menschen, die um halb elf noch nicht genug haben.
Glücklicherweise stellt sich auch der Rest der Stadt auf das Oktoberfest ein, in zahlreichen Bars und Clubs finden jeden Abend After-Wiesn-Partys statt. Aber Obacht! Manche Gastronom*innen können mit dem meist angeheiterten Wiesnpublikum nichts anfangen und verwehren allen, die nach Oktoberfest aussehen (oder riechen), den Zutritt. Beliebte Adressen, die in jedem Fall geöffnet haben, sind etwa die 089 Bar, Substanz, Pacha, P1 und das Filmcasino.
Dos: gegen den Kater einen Late-Night-Snack (etwa am Sendlinger Tor) zu sich nehmen.
Dont’s: am Tresen einschlafen (oder auf einer Verkehrsinsel).
Tipp: Weitere spannende Fakten & Geschichten finden Sie hier: Oktoberfest München