Der Fußball ist in München Volkssport, in jedem Viertel findet man mindestens eine richtige Fußballkneipe. Die wirklich legendären Läden zeigen jedoch nicht nur die Spiele – sie vermitteln auch, weshalb König Fußball so sehr geliebt wird. Das „Stadion an der Schleißheimer Straße“ etwa, denn dort bekommt man das Gefühl, das man hatte, als einen zum ersten Mal die Leidenschaft für den Sport gepackt hat.
- Stadion an der Schleißheimer Straße
- Sax
- Vereinsheim
- 70er
- Hopfendolde
- Treffpunkt Sportsbar
- Blue Adria
- Champions
Fußball ist für viele Menschen weit mehr als das, was in 90 Minuten auf dem Platz passiert. Mehr als Tore, Meistertitel und Fankultur. Für manche bedeutet es, jeden Abend an Plakaten für die nächste Choreografie im Stadion zu malen, andere brennen für Fußball an der Spielkonsole. Für Holger Britzius bedeutet Fußball: leben.
Er steht am Eingang des Stadion an der Schleißheimer Straße und nimmt einen Schluck vom alkoholfreien Hellen. Das Stadion ist seine Fußballkneipe, eine, wie es sie in Deutschland selten gibt. Denn hier geht es nicht darum, Wetten zu platzieren, und das Stadion ist auch keinem bestimmten Verein gewidmet. Kommt man durch die Tür, fühlt es sich an, als würde man ein Paralleluniversum betreten. Holle, wie ihn hier alle nennen, begrüßt jeden Gast persönlich. Und weil vor allem an Champions-League-Abenden wie heute alle Plätze reserviert sind, hat er jeden Namen auf seinem Zettel stehen. Handgeschrieben, versteht sich.
Das Stadion fühlt sich an, als würde man in ein Panini-Stickeralbum fallen. Die Wände hängen voller Trikots und Wimpel, überall kleben Sticker von Fanclubs. Und oben, über der Bar: ein Gemälde, das Maradona mit einem energischen Schulterblick zeigt. An der sogenannten Derbywand neben der Bar hängt die 1860-München-Kutte neben dem Bayern-Trikot, ein Offenbach-Trikot neben einem von Kaiserslautern. Was bedeuten schon Feindschaften, wenn man dasselbe liebt. Hier zumindest wenig. „Unsere Derbywand sortiert für uns aus“, sagt Britzius. Wenn Fans reinkämen und ein Problem damit haben, dass Rivalen hier zusammen die Spiele schauen, könnten sie sofort wieder gehen. „So haben wir eine ganz natürliche Auslese.“
Eine Besonderheit des Stadions an der Schleißheimer Straße ist auch, dass hier mehrere Spiele gleichzeitig auf verschiedenen Bildschirmen laufen. Deswegen hat Holger Britzius eine spezielle Aufgabe. „Ich hab hier noch nie Bier ausgeschenkt“, sagt er. „Das kann ich gar nicht.“ Bier zapfen müssen deshalb andere im Team, Britzius kümmert sich ausschließlich um die Gäste, was in einer Fußballkneipe vor allem bedeutet zu schauen, dass alle das Spiel, für das sie gekommen sind, auch sehen können. „Wenn ich sehe, dass sich jemand verkrümmen muss, um noch was vom Bildschirm zu sehen, setze ich den sofort um.“ Er sorge sich halt gerne um seine Gäste.
Das ist auch ein Grund, warum das Stadion mittlerweile Legendenstatus in München hat: weil es ein Ort ist, an dem sich viele Gedanken darüber gemacht werden, wie man den Gästen den perfekten Fußballabend gestaltet. Der ganze Laden lebt von der Liebe nicht nur zum Sport, sondern auch zur Fußballkultur. Regelmäßig kommen hier verschiedene Fanclubs, die es aus ihrer Heimatstadt verweht hat, zusammen. Britzius kennt die selbstverständlich und stellt jedem Fanclub einen Wimpel seines Vereins auf den Tisch.
Britzius hat eine spezielle Beziehung zum Fußball. „Ich hab in meiner Karriere schon an die 7000 Spiele gesehen“, sagt er. Bis 2017 sei er noch Fußballredakteur gewesen, habe Spielzusammenfassungen in die Tasten gehauen, jedes Detail, jede Statistik im Kopf gehabt. Heute interessiert er sich mehr für das Drumherum, wenngleich die Liebe zum Fußball natürlich geblieben ist. Deshalb veranstaltet Britzius immer, wenn es möglich ist und mal kein wichtiges Spiel läuft, Lesungen im Stadion oder wirbt auf der Instagramseite des Ladens für Filme über die Fußballkultur.
Ein Besuch im Stadion an der Schleißheimer Straße ist deshalb auch eine Reise in die Zeit, in der man das erste Mal von diesem Sport gepackt wurde. Von den Fangesängen, den Ballstafetten, von dem ganzen Chaos auf und neben dem Platz. Es ist oldschool, aber nicht hängen geblieben. Fußballromantik ohne Kitsch. Und eine Erinnerung daran, dass dieses Spiel viel mehr ist als ein paar Millionäre und die FIFA.
Adresse: Schleißheimer Straße 82, 80797 München
Das Sax ist offizieller Fantreff des VfB Stuttgart. Das muss aber niemanden abschrecken: Auch wenn man nicht schwäbelt, kann man hier an Bundesliga-Samstagen oder Champions-League-Abenden die Spiele schauen. Im Sommer kann man sogar draußen unter der Kastanie sitzen und den Ball rollen sehen. Auf der Karte stehen einfache Gerichte und kühles Bier.
Adresse: Hans-Sachs-Straße 5, 80469 München
Der Name klingt direkt vielversprechend – tatsächlich ist das Vereinsheim aber nicht nur eine Fußballkneipe. Es nennt sich auch „Kulturwirtschaft“ und hat eine Bühne, auf der regelmäßig Konzerte, Kabarett, Stand-up-Comedy und Slams stattfinden. Den Rest der Zeit wird Fußball übertragen, die Liebe dafür lässt sich auch an dem großen Stoffbanner neben der Bühne ablesen, auf dem die Weltmeistermannschaft von 1974 zu sehen ist.
Adresse: Occamstraße 8, 80802 München
Ein Ort, an dem 1860- und Bayern-Fans nebeneinandersitzen können, ohne sich die Köpfe einzuschlagen, macht offenbar einiges richtig. In der urigen Fußballboazn mitten in Giesing hat man alles, was Fußballfans brauchen: Bier, Münchner Originale und gemütliche Atmosphäre. Wenn das Spiel mal nicht so läuft, wie man hofft, kann man sich mit Dartspielen ablenken.
Adresse: Tegernseer Landstraße 34, 81541 München
Ein Abend in der Hopfendolde ist so viel wert wie ein Proseminar in Soziologie. Nicht nur, weil hier viele Studierende sind, sondern weil man neben dem Fußball auch Menschen schauen kann. Und wenn man nach einem Sieg in Feierlaune ist, hat man nur ein paar Meter zur Karaokemaschine.
Adresse: Feilitzschstraße 17, 80802 München
Wenn sogar auf den Toiletten Bildschirme hängen, weiß man: Die Betreibenden sorgen sich darum, dass ihre Gäste ja nichts vom Spiel verpassen. Die Bar in Zahlen: acht Fernseher und zwei Leinwände. Besonders ist, dass hier verschiedene Spiele gleichzeitig laufen, sodass alle Fans auf ihre Kosten kommen.
Adresse: Schleißheimer Straße 125, 80797 München
Zugegeben: Die Blue Adria ist ein 1860er-Fantreff par excellence. Aber manchmal ist das ja genau das Fußballerlebnis, das man sucht: Fachsimpeln mit eingefleischten Fans, die allesamt über beeindruckende Expertise verfügen.
Adresse: Grünwalder Straße 9, 81547 München
Die Champions Bar im Marriott Hotel erstrahlt seit der Renovierung in neuem Glanz: An Spieltagen kann man hier auf gleich drei Großbildleinwänden und zehn TV-Monitoren das Geschehen verfolgen. Dazu wird amerikanische Küche serviert – die Burger, Ribs und Wings gibt es auch in vegetarischen oder veganen Versionen.
Adresse: Berliner Str. 93, 80805 München