Im Winter hat man Sehnsucht nach Gerichten, die Trost und Wärme spenden. Der Münchner Koch Sven Christ zeigt, wie man winterliche Spezialitäten in einer ganz normalen Küche mit gut verfügbaren Zutaten selber macht – wie etwa ein Böflamott.
Das Gemüse putzen, aber nicht zwingend schälen, nur Strunk und schlechte Stellen sollten abgeschnitten werden. Dann das Gemüse würfeln und zusammen mit dem Fleisch in einer Cocotte (verschließbarer, gusseiserner Topf) in etwas Öl gute zehn Minuten von allen Seiten anbraten, dabei salzen. Dann das Bouquet Garni zugeben und mit einer Flasche Wein aufgießen, den Rinderfond zugeben und mit dem Deckel verschließen. Die Hitze reduzieren und insgesamt drei Stunden köcheln lassen. Wenn nötig, etwas Wasser hinzugeben. Nach zwei Stunden mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Abkühlen lassen und am nächsten Tag das kalte Fleisch herausnehmen und portionieren, die Soße aufkochen, in einen andern Topf absieben, mit etwas Stärke abbinden, um etwa ein Drittel einkochen und final abschmecken. Den Rosenkohl putzen, und in etwa einem Liter gesalzenen Wasser zehn Minuten kochen, dann abgießen, abkühlen lassen und halbieren. In einer schweren Pfanne mit etwas Öl und Butter anbraten. Die Schupfnudeln zugeben und goldbraun braten. Sollte die Pfanne zu klein sein, nacheinander braten und im Ofen bei 80 Grad warmhalten. Das Fleisch in die Soße legen und langsam erwärmen. Alles zusammen anrichten.
Sonntag ist Bratentag, damit ist auch jeder Feiertag eingeschlossen. Die Engländer zelebrieren den „Sunday Roast“, wir Münchner zelebrieren den Schweinsbraten, oder? Nein, wir essen nicht zwanghaft jeden Sonntag einen Schweinsbraten, das wäre zwar vorstellbar, aber langweilig. Wie ihnen der Sinn steht, verlangen sie nach der gefüllten Kalbsbrust, einem Kalbsbraten oder einem Böflamott.
Letzteres lässt die nicht Eingeweihten natürlich ratlos dastehen, denn dieses Wort, wäre es nicht in einer Speisekarte aufgeführt, könnte auch für Möbel von Ikea stehen, für ein niedlich wolliges irisches Weidetier oder einen besonders wertvollen Stein. Weil es aber tatsächlich immer wieder einmal auf einer Speisekarte auftaucht, muss es ein Gericht sein, eines mit Fleisch vom Böf.
Dieses Wort, wäre es nicht in einer Speisekarte aufgeführt, könnte auch für Möbel von Ikea stehen, für ein niedlich wolliges irisches Weidetier oder einen besonders wertvollen Stein.
Das Wort „Böflamott“ wird als Verballhornung des „Boeuf à la Mode“ gesehen, doch damit drückt man sich um die Tatsache, dass die Bayern Napoleon bis kurz vorm Ende seiner Regentschaft die Treue gehalten haben, bis sie die Seiten wechselten und den Österreichern zur Hand gingen. Vorher tummelten sich jahrzehntelang Napoleonische Heere in Bayern, die auch versorgt sein wollten.
Berüchtigt waren die Requierierungsmaßnahmen gegenüber Bäuer*innen, die Vieh und Ernte abtreten mussten, um die Franzosen zu versorgen. Die Wittelsbacher hatten Napoleon zwar ihr Königreich zu verdanken, aber sie wollten nicht mit diesem Hasardeur untergehen. Das Böflamott aber, das blieb im Sprach- und Lebensgebrauch, genauso wie woanders die Fisematenten und die Schandarmen.
Wer jetzt in München die allgegenwärtigen Kreidetafeln mit Menükarten auf dem Trottoir stehen sieht, wird bemerken, dass oft ein Salatbüffet angeboten wird, Spargel mit Hollandaise oder eben Böflamott, vielleicht noch ein Biskuittörtchen als Dessert – die Österreicher mögen unsere Rettung gewesen sein, aber die Franzosen haben wir zum Fressen gern.
Genug schwadroniert, was ist jetzt ein Böflamott? In vielen Rezepten steht, das Böflamott wolle drei Tage in Rotwein liegen, aber davon halte ich wenig. Wichtiger ist das Wammerl, das mitgekocht wird und dem Gericht mehr Dichte verleiht. Außerdem hilft es auch geschmacklich viel mehr, das fertige Böflamott eine Nacht im Kühlschrank ziehen zu lassen, um den Aromen die Chance zu geben, sich zu entfalten.
„In vielen Rezepten steht, das Böflamott wolle drei Tage in Rotwein liegen, aber davon halte ich wenig. Wichtiger ist das Wammerl, das mitgekocht wird und dem Gericht mehr Dichte verleiht.“
Die Gefahr bei der Beize liegt auch in der Sparsamkeit, denn ein billiger Rotwein kann das Böflamott auch schnell zum Sauerbraten machen. Früher wurde Rindfleisch oder Pferdefleisch gebeizt, um es zarter zu machen oder einen leichten Haugout aufgrund falscher Lagerung zu überdecken – das passiert heute selten, deshalb lassen wir das. Auf der Suche nach dem Wein blicken wir nach Franken oder nach Südtirol, ein kräftiger Roter wird gebraucht, eine Flasche sollte genügen.
Zum Schmoren brauchen wir eine gusseiserne Kokotte mit Deckel, darin gelingt das Gericht am besten, weil sich die Dämpfe darin gut verteilen und bei niedrigerer Temperatur mit weniger Energieaufwand gegart werden kann. Das Böflamott bereite ich aus der hohen Schulter, am Stück, und weil ich es im Idealfall eine Nacht ruhen lasse, kann ich es kalt in Scheiben schneiden und dann wieder erhitzen, so zerfasern die Scheiben des weichen Fleisches nicht so sehr.
Was reicht man in München zum Böflamott? Mal ganz ordinäre Nudeln, auch mal einen Serviettenknödel oder Spätzle, ich habe mich für die feinere Art entschieden, mit Schupfnudeln und gebratenem Rosenkohl. Die Schupfnudeln kann man selbst machen, aber es gibt bei den Convenience-Produkten auch wirklich gute, der Rosenkohl sollte marktfrisch sein und noch keine Woche im Kühlschrank gedarbt haben, das verzeiht er nicht. Wir blanchieren ihn kurz und braten ihn an, Butter, Salz, und Pfeffer, mehr braucht es nicht. Bei anderen Gerichten würde ich ihn noch mit einem Schuss Fischsoße aromatisieren, aber nicht bei diesem. Höchstens etwas Apfelessig, das verträgt sich exzellent.
Weil ein Böflamott doch etwas aufwendiger in der Herstellung ist, eignet es sich gut als Feiertagsessen. Fertiges Böflamott kann hervorragend eingefroren werden, man sollte jedoch die Beilagen immer frisch machen.
Weil ein Böflamott doch etwas aufwendiger in der Herstellung ist, eignet es sich gut als Feiertagsessen, deshalb ist das Rezept für sechs Personen gerechnet. Fertiges Böflamott kann hervorragend eingefroren werden, man sollte jedoch die Beilagen immer frisch machen. Und weil das Böflamott am Vortag gemacht wurde, kommt man auch nicht in die Bredouille, die ganze Zeit in der Küche zu stehen, wenn man Gäste hat. Apropos: Wer selbst keine Lust zu kochen hat, bekommt im Schwanthaler Wirtshaus im Westend Böflamott mit Blaukraut und Semmelknödel.