Ein Abend am Friedensengel ist ein romantisches Erlebnis. Nirgendwo in München verschwindet die Sonne imposanter hinter den Dächern der Stadt. Über einem reckt die goldene Statue ihre Flügel gen Himmel, während unten die Lichter eines Springbrunnens im Wasser zu funkeln beginnen.
Das 38 Meter hohe Denkmal der griechischen Siegesgöttin Nike ist so etwas wie der Schutzengel der Stadt. Es mahnt zum Frieden – mehr sogar noch als das Pendant in Berlin, das dem Triumph im Deutsch-Französischen Krieg von 1870 und 1871 gewidmet ist. Der Münchner Friedensengel wurde erst später errichtet – in Gedenken an die 25 Jahre Frieden nach diesem Krieg.
Genial ist vor allem die Lage: Mitten in den Maximiliansanlagen, einem Park mit mächtigen Bäumen im Stadtteil Bogenhausen, thront weithin sichtbar die goldene Statue auf einer 23 Meter hohen Korinthersäule. Die wiederum steht auf einem quadratischen Tempel, der an antike Zeiten erinnern soll. Von dort aus liegt einem die Stadt zu Füßen: Die Prinzregentenstraße mit ihren Prachtbauten wie dem Bayerischen Nationalmuseum und dem Haus der Kunst bildet eine Sichtachse bis zum Prinz-Carl-Palais.
Der sechs Meter hohe Goldengel hält in der rechten Hand einen Ölzweig als Sinnbild für den Frieden. In der linken Hand trägt er ein Abbild der Göttin Athene, die für Kampf und Weisheit steht. Der acht mal acht Meter große Tempel darunter zeigt vier Goldmosaike, auf denen Krieg, Sieg, Frieden und kultureller Segen dargestellt sind. Auf den Eckpfeilern prangen Porträts von Kaisern, Kanzlern und Generälen wie Kaiser Wilhelm I. und König Ludwig II.
Von der großen Aussichtsplattform, der Prinzregent-Luitpold-Terrasse, führen zwei Treppen hinab zum Springbrunnen. Eine Wasserfontäne verlängert optisch die Säule nach oben zur Siegesgöttin. Auf Delfinen im Wasser reiten Putten, vier wenig bekleidete, barocke Skulpturen in Kindergestalt. Dahinter, in einer Nische der Treppenanlage, tropft das Wasser weniger wild in einer künstlichen Grotte – damals war es in Mode, die Natur auf diese Weise nachzuempfinden.
Übrigens war die Bronzestatue der Bildhauer Heinrich Düll, Georg Pezold und Max Heilmaier einst in großer Gefahr: Der Friedensengel drohte Jahrzehnte nach der Einweihung am 16. Juli 1899 abzustürzen. Im Jahr 1981 wurde er aus Sicherheitsgründen abmontiert. Dabei erlitt er starke Beschädigungen, so dass er erst 1983 wieder an seinem Platz zurückkehren konnte – mit einem deutlich stärkeren Standbein und zwei neuen Flügeln, die nun steiler zum Himmel ragen und eine Spannweite von fünf Metern haben.
Zum 100. Jubiläum 1999 ließ die Stadt München erneut alle Details ausbessern und putzen. Der Bronzeguss von Ferdinand von Miller erhielt ein frisches Kleid aus Blattgold und damit neue Strahlkraft für seine Friedensmission.