Münchens Friedhöfe strahlen eine besondere Ruhe aus – und bergen viele Überraschungen. Hier gibt es den ersten Waldfriedhof Deutschlands, der ganz Europa inspirierte. Ein wunderschöner Kuppelbau zog selbst Thomas Mann in seinen Bann. Auf dem kleinsten Friedhof begegnet man Erich Kästner und Oskar Maria Graf.
Auf einem Hügel an der spätbarocken Kirche St. Georg am Hochufer der Isar befindet sich Münchens kleinster Friedhof. Hinter der efeuumrankten Friedhofsmauer liegen gut 200 Gräber – und das schon sehr lange. Den Bogenhausener Friedhof gibt es bereits seit dem neunten Jahrhundert.
Zuerst diente er als Ruhestätte für alteingesessene Familien im Stadtteil Bogenhausen. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der Friedhof dann komplett neu gestaltet und entwickelte sich schnell zur beliebtesten Begräbnisstätte von Münchner Persönlichkeiten.
Wer hier ein Grab haben möchte, muss besondere Voraussetzungen erfüllen.
Hier sind Erich Kästner, Liesl Karlstadt, Rainer Werner Fassbinder und Oskar Maria Graf begraben. Auch die Namen von Walter Sedlmayr, Annette Kolb und Bernd Eichinger finden sich auf den Grabsteinen. Ihre letzte Ruhe fanden hier außerdem Helmut Dietl, Helmut Fischer, Josef Schörghuber, aber auch der NSDAP-Pressechef Ernst Hanfstaengl. Dadurch gilt der Bogenhausener Friedhof als Spiegelbild Münchner und deutscher Kultur- und Geistesgeschichte – und das trotz seiner winzigen Fläche.
Wer hier ein Grab haben möchte, muss besondere Voraussetzungen erfüllen. Zum Beispiel muss man 30 Jahre lang in bestimmten Vierteln von München gewohnt haben. Und große Verdienste um die Stadt sind natürlich auch nicht verkehrt.
Die Gräber sind schlicht gestaltet, der Blumenschmuck dezent und stilvoll gehalten. Niedrige Grabsteine reihen sich neben kunstvollen schmiedeeisernen Grabkreuzen – große Skulpturen oder Mausoleen sucht man hier vergeblich. Sie würden nicht in die verwunschene und ruhige Atmosphäre passen.
Kontrastprogramm auf dem Ostfriedhof: Hier im Stadtteil Obergiesing kann man das Mausoleum des Modezars Rudolph Moshammers besuchen, in dem er neben seiner Mutter Else begraben liegt. Ein steinerner Engel mit einer Stola aus grauen Rosen blickt traurig auf beide Grabsteine.
Der Ostfriedhof in Obergiesing gehört zu den großen Münchner Friedhöfen, die der Stadtbaurat Hans Grässel um 1900 angelegt hat. Auf 30 Hektar Fläche sind 35.000 Grabplätze untergebracht. Das charakteristischste Gebäude steht am St.-Martins-Platz: ein edler weißer Kuppelbau mit hohen Säulen und grünem Dach. Hier finden die Trauerfeiern statt. Dahinter eröffnen sich geschwungene Wege, die an Brunnen, Sitzbänken und repräsentativen Gräbern vorbeiführen. Das Schöne dabei: Der Ostfriedhof ist dicht mit Bäumen bepflanzt, was ihn sehr grün und entspannt erscheinen lässt.
Ein markanter achteckiger Kuppelbau mit mehreren Türmchen ist das Erkennungszeichen des Nordfriedhofs. Schon von Weitem erblickt man die in warmen Gelbtönen gehaltene Aussegnungshalle an der Ungererstraße in Schwabing. Sogar Thomas Mann hat den prachtvollen Bau in seiner Novelle „Tod in Venedig“ verewigt.
Der Friedhof selbst ist streng symmetrisch angelegt. Struktur bekommt das weitläufige Gelände mit knapp 33.000 Grabplätzen auch durch wunderschöne Brunnenanlagen und speziell gestaltete Urnenmauern.
Am Eingang fehlen noch zwei Sphingen, Mischwesen aus einem Hahn und einem Löwen. Beide verschwanden 1958 – warum und wohin, weiß niemand. Es ist das größte Mysterium der Münchner Friedhofsgeschichte. Steinmetze hauten neue Sphingen aus Stein, die den Originalen detailgetreu nachgebildet sein sollen.
Der Friedhof selbst ist streng symmetrisch angelegt. Struktur bekommt das weitläufige Gelände mit knapp 33.000 Grabplätzen auch durch wunderschöne Brunnenanlagen und speziell gestaltete Urnenmauern. Drumherum entdeckt man eine interessante Mischung aus bunt bepflanzten Gräbern, Grüften und Mausoleen. Hier finden auch Prominente wie Johannes Heesters, Annette von Aretin und Eduard Zimmermann ihre letzte Ruhe.
Eine Besonderheit ist zudem ein Massengrab für 2.099 Menschen, die im Krieg durch Bomben ums Leben kamen. Es wurde zum „Ehrenhain für Luftkriegsopfer“ umgestaltet und liegt im nördlichen Teil des Friedhofs.
80 Jahre lang, von 1788 bis 1868, war der Alte Südfriedhof der einzige Friedhof Münchens. Doch es gibt ihn schon viel länger. Herzog Albrecht V. ließ ihn 1563 als Pestfriedhof „ferterer Freithof“ („äußerer Friedhof“) anlegen, weil die geweihten Gottesäcker für die vielen Toten nicht mehr ausreichten. Er befindet sich einige hundert Meter südlich des Sendlinger Tors im Glockenbachviertel zwischen dem Stephansplatz und der Kapuzinerstraße.
Der Alte Südfriedhof lehrt Spaziergänger die Geschichte der Stadt: Als 1632 die Schweden anrückten, wurde hölzerne Salvatorkirchlein abgerissen und die Friedhofsmauer geschleift, damit sich niemand dort verschanzen konnte. Als Ersatz für das Kirchlein wurde die Stephanskirche geweiht. In den Jahren 1705/1706 wurden die Opfer der Sendlinger Mordweihnacht in mehreren Massengräbern beerdigt. Um ihrer zu gedenken, errichteten der Bildhauer Franz Xaver Schwanthaler und der Architekt Friedrich von Gärtner einen Brunnen – er gilt als Münchens erstes Kunstwerk im Stil der Neugotik.
Überall wuchern Farn und Efeu wie in einem wildromantischen Garten. Dazwischen fallen extravagante Steinmetzarbeiten auf: Skulpturen von einzelnen Ohren, nachdenklichen Menschen, Ritterrüstungen und gekrönten Schlangen. Auf grünstichigen Grabsteinen finden sich die Namen von schier endlos vielen berühmten Persönlichkeiten der Stadt: Johann Conrad Develey (Hoflieferant und Erfinder des süßen Senfs), Carl von Effner (Gartenarchitekt für die Schlösser Herrenchiemsee und Linderhof), Karl von Fischer (Architekt des Nationaltheaters), Josef von Fraunhofer (Physiker und technischer Erfinder), Franz Xaver Gabelsberger (Erfinder der Kurzschrift), August Hauner (Gründer des gleichnamigen Kinderspitals), Maximus Imhof (Mitbegründer des Oktoberfests), Ferdinand von Miller und Ludwig Schwanthaler (Erzgießer und Bildhauer der Bavaria-Statue), Joseph Pschorr (Brauereigründer), Georg Friedrich von Reichenbach (Wegbereiter der Dampfmaschine in Bayern), Friedrich Ludwig von Sckell (Gestalter des Englischen Gartens und des Schlossparks Nymphenburg) und Gabriel von Seidl (Architekt des Deutschen Museums und des Bayerischen Nationalmuseums). Auch die beiden Architekten und ewigen Konkurrenten Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner, die prägend für das Stadtbild waren, fanden hier ihre letzte Ruhe.
Der Alte Südfriedhof blieb bis 1868 Zentralfriedhof. Dann wurde der Alte Nordfriedhof in der Maxvorstadt eröffnet. Begräbnisse finden hier schon seit 1944 nicht mehr statt. Die Einheimischen nutzen die Anlage eher als Park, in dem sie inmitten verwunschener Grabsteine gerne flanieren, picknicken und joggen.
Die Münchner nutzen die Anlage eher als Park, in dem sie inmitten verwunschener Grabsteine gerne flanieren, picknicken und joggen.
In der Mitte der quadratischen Fläche steht ein großes Kreuz. Drumherum reihen sich etwa 700 Gräber, etliche Sitzbänke und schattenspendende Laubbäume. Ein kleines Paradies mitten in der Stadt.
Dabei wäre der Alte Nordfriedhof fast verschwunden: Die Nationalsozialisten hatten in den 1930er-Jahren den gesamten Friedhof in Frage gestellt – weil er im Weg stand. Hitler wollte München zur Hauptstadt der Bewegung umbauen. Dazu sollte die Luisenstraße mit der Isabellastraße verbunden und zu einer Prachtallee ausgebaut werden. Das Ende des Zweiten Weltkriegs verhinderte glücklicherweise die Umsetzung dieser Pläne.
Vor allem an heißen Sommertagen ist es eine Wohltat, über den kleinen Haidhauser Friedhof an der malerischen Kirchenstraße zu spazieren. Hier herrscht eine ganz besondere Stimmung: Die alten efeuumrankten Bäume spenden Schatten, Bänke laden dazu sein, einen Moment der Stille zu genießen. Die hohen Mauern lassen fast vergessen, dass auch die vielbefahrene Einsteinstraße und zwei Schulen an den Friedhof grenzen.
Gräber prominenter Münchnerinnen und Münchner wie zum Beispiel auf dem Alten Südfriedhof oder auf dem Bogenhausener Friedhof sucht man hier vergeblich. Hier liegen keine weltbekannten Architekten, Wissenschaftler oder Künstler. Vielleicht, weil Haidhausen früher ein Viertel der einfacheren Leute war. In der ehemaligen Vorstadt lebten vor allem Tagelöhner und vom Land Zugezogene.
Der Friedhof gehört zu den ältesten auf dem heutigen Stadtgebiet Münchens. Er liegt an der Alten Haidhauser Kirche, die unter Denkmalschutz steht und ihre Ursprünge im 9. Jahrhundert hat. Der Unterbau des Turmes ist noch aus romanischer Zeit. Urkunden aus dem frühen 14. Jahrhundert belegen, dass die kleine Kirche schon damals einen eigenen Friedhof hatte.
Im Süden der Stadt liegt der erste Waldfriedhof Deutschlands. Hier man sich frei und kann richtig durchatmen – wie bei einem Spaziergang durch die Natur. Die Stille, die Weite und die gute Luft auf Münchens größtem Friedhof schaffen eine einzigartige Atmosphäre. Das neue Friedhofsmodell stammt von Stadtbaurat Hans Grässel, der auf niedrige Gebäude und eine dominante Natur setzte: geschwungene schmale Pfade, hohe Bäume, breite Wiesen, viel buschiges Grün. Strenge geometrische Formen vermied Grässel. Das Konzept wurde wegweisend für Friedhofsgestaltungen in ganz Europa.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Gräber in den damaligen Hochwaldforst von Schloss Fürstenried eingebettet. Hier kann man sich sogar unter Bäumen bestatten lassen. Das 170 Hektar große Gelände mit knapp 65.000 Gräbern ist ein Landschaftsschutzgebiet und besteht aus einem alten und einem neuen Teil. Die Trauerhalle liegt nicht wie bei den anderen großen Friedhöfen imposant am Eingang, sondern etwas versteckt im Grünen und erinnert an eine Waldkapelle. Noch ein Stückchen weiter entdeckt man die fast unscheinbare St.-Anastasia-Kapelle.
Auf dem Waldfriedhof vereinen sich viele Religionen und Weltanschauungen. Im Jahr 1955 wurde das erste islamische Grabfeld Deutschlands geschaffen. Ein weiteres Gräberfeld wurde als „Neuer Jüdischer Friedhof München“ angelegt. Entlang der Tischlerstraße gibt es einen Soldatenfriedhof, auf dem mehr als 3.500 Opfer der beiden Weltkriege bestattet wurden. Auf dem „Cimitero Militare Italiano“ im Neuen Teil weht die italienische Flagge. Hier liegen gut 3.200 gefallene Italiener. Ein Mahnmal erinnert zudem an die zahlreichen Opfer der „Euthanasie“-Morde, deren Gehirne von Wissenschaftlern der Kaiser-Wilhelm-Institute in Berlin und München untersucht worden sind. Die Präparate der Gehirne wurden hier beerdigt.
Auch bekannte Namen stehen auf den Grabsteinen im Waldfriedhof: Hier liegen die früheren Bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel und Hans Ehard, Autoren wie Michael Ende, Paul Heyse oder Frank Wedekind, der Physiknobelpreisträger Werner Heisenberg, Künstler wie Franz von Stuck, Zirkus-Gründer Carl Krone und Ingenieur Carl von Linde. Selbst der Erfinder des Waldfriedhofs, Hans Grässel, hat ein Ehrengrab erhalten.