Sven Christ in der Altstadt von München.

Essen-to-go in der Münchner Altstadt

Altstadt auf die Hand

Die Münchner Altstadt ist nicht nur das Zentrum der klassischen, bayerischen Gastronomie. Innerhalb des Altstadtrings gibt es auch eine erstaunliche Bandbreite kulinarischer Spezialitäten, die man ganz entspannt genießen kann, ohne sich lange an einen Tisch setzen zu müssen. Nicht nur, wenn’s mal schnell gehen muss. Unser Autor stellt die bayerische Version der To-go-Küche vor – wie man sie nur in München findet.

Ein Spaziergang durch die Münchner Altstadt kann auch für Alteingesessene ein paar Überraschungen bereithalten: Das Rathaus etwa, das kennen ja alle, aber was ist mit dem Pestdrachen, dem Hund des Steinmetz und der buckligen Katze? Wer diese drei rätselhaften Tiere finden möchte, sollte vielleicht nicht allzu viel Zeit in den schönen Gasthäusern der Stadt vertrödeln. Wenn einen aber der kleine Hunger trotzdem in der Altstadt zwickt, muss man nicht unbedingt einkehren, sondern kann mindestens so elegant bayrische To-go-Küche genießen.

Essen-to-go in der Altstadt

Haxengrill: Schweins- und Kalbshaxensemmel
Sparkassenstraße 6

Franziskaner: „Taxlersemmel“ (Leberkässemmel),
Residenzstraße 9

Fränkische und westfälische Wurstwaren: Wurstsemmel
Dienerstraße 20A

Viktualienmarkt: Ochsensemmel am Stand 11, Fohlenleberkässemmel oder Rossbratwurst bei Pferdemetzgerei Wöhrle, Bismarkhering- und Matjessemmel bei Fisch Maier
Viktualienmarkt 3

Schmalznudel – Café Frischhut: Auszogne, Krapfen und Kaffee
Prälat-Zistl-Straße 8

Zuerst spazieren wir zum Opernplatz, dort setze ich mich gern auf die Steinbank vor der Residenz. Weil es da ums Eck ist, hole ich mir eine Kalbshaxensemmel beim Haxengrill, gegenüber vom alten Zerwirkgewölbe an der Sparkassenstraße. Die Haxen drehen sich im Fenster in einem Rotisserie-Grill und hypnotisieren die Vorbeieilenden. So ein Spektakel könnte ich mir gut zu Hause vorstellen, statt des Fernsehers oder offenen Kamins, mit einem Drink in der Hand einfach zuschauen, wie sich die Haxen drehen. Köstlich! Wer sich irgendwann von diesem Anblick losreißen kann, geht beherzt hinein und bestellt an der Theke was auf die Hand. (Anm. der Redaktion: Früher befand sich hier der Haxnbauer, dieser eröffnet neu im Tal als Haxnbäurin.)

Man kann natürlich auch den eingeweihten Münchner geben und marschiert im Franziskaner in der Residenzstraße 9 vom Eingang geradeaus und dann links direkt durch in die Küche, bis man an der Ausgabe angekommen ist. Der Küchenchef ist wirklich nicht böse, wenn man sein Heiligstes betritt, sondern fragt nett, wieviel Leberkäs man auf seine Semmel haben will. Gezahlt wird dort auch gleich, zum Senf sollte man auf keinen Fall nein sagen, der wird dort nämlich hausgemacht. „Taxlersemmel“ wird dieser Imbiss hier, und nur hier genannt, weil die Taxifahrer in der Küche ihre Stärkung holen, bevor sie vorm Dallmayr oder auf der Maximilianstraße weiter auf Kundschaft warten.

Wenn am Marienplatz mal die Verabredung auf sich warten lässt, kann man am Rathaus rechts um die Ecke zum Laden für fränkische Wurstspezialitäten gehen, denn da gibt es sie, die klassische Wurstsemmel, mit ordentlich Schnittwurst nach Wahl und einer halben Gurke drauf, genauso, wie man sie in München seit Jahrzehnten kauft. Nebenbei kann man sich noch mit Proviant eindecken, anhand vieler fränkischer und Pfälzer Würste, die dort angeboten werden. Die Wurstsemmel ist ja für Eilige, wer eine echte Brotzeit sucht, durchquert besser das Tal, also die Straße, die vom Marienplatz zum Isartor führt, und steuert direkt auf Münchens größten Pausenhof zu, den Viktualienmarkt.

Bei schönem oder wenigstens durchwachsenem Wetter ergibt es eigentlich immer Sinn, hier seine Zeit zu verbringen. Es gibt genug Bänke zum Verweilen und einen schönen Biergarten. Die Münchener Biergärten haben ja den entscheidenden Vorteil, dass man in den meisten Bereichen sein Essen selbst mitbringen darf und sich lediglich das Bier holt, als Gruppe kann man am Markt also ausschwärmen und sich lauter Leckereien holen.

Etwa am Stand 11, am Eck der kleinen Metzgerzeile, denn dort wird die einzige Ochsensemmel angeboten, die man außerhalb der Oktoberfestsaison bekommen kann. Zarte Ochsenfetzen, mit geschmolzenen Zwiebeln, da fehlt sich nix. Etwas rustikal klingt die (köstliche) Fohlenleberkässemmel oder die Rossbratwurst vom Pferdemetzger Wöhrle nebenan. Es schleichen immer ein paar Unentschlossene davor herum, denn deutschlandweit sind Pferdemetzgereien selten geworden. Es gibt sie noch in Italien oder Polen, Pferdefleisch gilt als das gesündere rote Fleisch, da es weniger Fett enthält.

Wenn der Kopf nach einem durchzechten Abend mal dicker ist und die Mahlzeit isotonischer sein soll, dann hält Fisch Maier am Viktualienmarkt hervorragende Bismarkhering- und Matjessemmeln bereit, mit schön viel Zwiebel drauf, die Zwiebelringe portioniert man sich aufs eigene Maß zurecht. Eine davon reicht als ganze Mahlzeit, ich habe wirklich noch nie jemanden zwei davon essen sehen.

Früher bin ich nach wirklich langen Abenden zur Sperrstunde, die es in München erstaunlicherweise bis in die 90er hinein gab, um vier Uhr nachts oder morgens mit meinen Freunden in die „Schmalznudel“ gegenüber der Schrannenhalle geschlendert, um vor der Tür frierend und rauchend mit den anderen Nachtmenschen zu warten. Im Café Frischhut, wo sich um 5 Uhr die Türen öffneten, traf man sich um diese Zeit zu Kaffee, Auszogne und Krapfen. Die frisch ausgebackenen Süßwaren sind so gut wie seit Jahrzehnten. Die Auszognen eignen sich auch hervorragend, um sie in heiße Schokolade zu tunken.

Auf die Hand hat München also einiges zu bieten, bei aller Gemütlichkeit hat der Bauch der Stadt nämlich auch ein Herz für die Eiligen. Und wenn Sie bis hierhin gelesen haben und sich noch immer an die drei rätselhaften Tiere erinnern, hier folgt die Auflösung: Der Hund des Steinmetz befindet sich auf dem Dach des Rathauses und ist nur vom Marienhof aus zu sehen, wenn man von der Theatinerstraße herkommt. Der echte Hund des Chefsteinmetzen folgte seinem Herrchen überall hin, stürzte aber beim Bau des Rathauses ab. Sein Herrchen verewigte ihn daraufhin in Stein. Der Pestdrachen klettert gegenüber vom Donisl am Rathauseck hoch. Und wer von derselben Stelle Richtung Viktualienmarkt schaut, entdeckt auf den Hausdächern eine geschmiedete, bucklige Katze.

München ist eben immer wieder für Überraschungen gut.

Bierkultur in der Altstadt erleben

In der Altstadt kann man aufgrund der hohen Dichte an Wirtshäusern an jeder Ecke traditionelle Bierkultur erleben – denn bereits seit der Stadtgründung ist Bier fester Bestandteil des Münchner Lebens. Richtig gut schmeckt es zum Beispiel hier:

Besonders: Erst informieren im Bier- und Oktoberfestmuseum, dann verköstigen im urigen Museums-Stüberl

Traditionell: Im Hofbräuhaus Blasmusik, bayerisches Lebensgefühl und traditionelle Bierkultur erleben

Craftig: Die unterschiedlichen Sorten Weißbier im Weißen Bräuhaus probieren

Boazig: In der urigen Kneipe Le Clou mit Einheimischen und Gästen aus aller Welt zusammenrücken

Jung: Moderne bayerische Küche mit Münchner Braukunst verbinden im Herrschaftszeiten

Fine: Im Pschorr am Viktualienmarkt den Fasswechsel des Bieres erleben und ausgezeichnete Speisen genießen

 

 

Text: Sven Christ; Fotos: Frank Stolle
Panoramablick auf die Münchner Innenstadt bei Sonnenuntergang mit dem Müllerschen Volksbad im Vordergrund und den Türmen von Alter Peter, Heilig-Geist-Kirche und Frauenkirche im Hintergrund.

Viertelliebe: Altstadt

Die Stadt im Zentrum

Kaum eine andere Großstadt ist so auf ihr Zentrum fokussiert wie München – aber anders als in anderen Innenstädten findet in Münchens Altstadt tatsächlich Leben statt.

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Blick auf die St. Paul in der Landwehrstraße in München

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Bunt und laut

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Eine junge Frau steht in einer leeren, lichtdurchfluteten Eingangshalle eines Museums in München.

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Die Kraft der Kultur

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Erleben Sie Kunst- und Kulturschätze aus 5000 Jahren mitten in einem der belebtesten Viertel der Stadt mit zahlreichen Cafés und Wohlfühlzonen!

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Im Franzosenviertel leben alteingesessene Salonlinke neben progressiven Galerieprojekten. Man weiß Qualität zu schätzen, ohne groß damit angeben zu wollen – und bleibt überraschend.

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