Rund um den Hauptbahnhof kann man kulinarisch einige Überraschungen erleben und sich von Bayern nach Kroatien, über Schweden, den halben Orient und Mexiko bis nach Indien durchessen. Wir stellen die besten internationalen Imbisse und Restaurants jeder Preisklasse vor, die authentische Küche aus der ganzen Welt anbieten.
Zunächst einmal: Ich liebe Bahnhöfe, große Bahnhöfe besonders, viel mehr noch als Flughäfen. Das unmittelbare Losreisen, die Rücklichter abfahrender Züge, Menschen, die eilen, Menschen, die stehen bleiben, um sich zurechtzufinden. Man kann es in der Luft spüren, wenn man einen Bahnhof betritt, ein leichtes Surren oder Flimmern, das den Blutdruck minimal steigen lässt in diffuser Erwartung.
Ich liebe Bahnhöfe, große Bahnhöfe besonders, viel mehr noch als Flughäfen. Das unmittelbare Losreisen, die Rücklichter abfahrender Züge, Menschen, die eilen, Menschen, die stehen bleiben, um sich zurechtzufinden.
Man kann dieses Gefühl genießen, und in München sogar besonders, weil man vom Münchner Hauptbahnhof aus praktisch aus jedem Seitenausgang treten kann und plötzlich mitten in der Stadt steht, vor allem aber in einer ganz eigenen Welt. Das Bahnhofsviertel lädt ein zum Gucken und Schnuppern, im echten Sinne des Wortes, denn man hat den Eindruck, dass Herr Ottolenghi, der bekannte Lehrmeister kräftig gewürzter Kochkultur, gerade eingezogen sein muss – so viele verschiedene Gerüche und Küchen, man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Aber ich habe es einfach mal versucht.
Zunächst gehen wir zum Nordausgang Richtung Alter Botanischer Garten, wo morgens die Schülerschaft ins Luisengymnasium schlurft, dort befindet sich das Condesa (Bahnhofsplatz 5), ein mexikanischer Schnellimbiss, der Tacos und Burritos serviert, von ordentlicher Qualität. „Tacos al Pastor“ oder „con Mole“, da kann man nicht meckern, die Idee für ein Picknick am Königsplatz samt Burrito ist naheliegend, am besten mittwochs, weil es da extra Guacamole im Condesa gibt.
Eigentlich ein guter Einstieg, aber ich will weiter das Viertel durchforsten und biege in die Marsstraße in Richtung Westen ein, vorbei an der Straßenbahnstation.
Man hat den Eindruck, dass Herr Ottolenghi, der bekannte Lehrmeister kräftig gewürzter Kochkultur, gerade eingezogen sein muss – so viele verschiedene Gerüche und Küchen, man weiß gar nicht, wo man anfangen soll.
Für das legendäre uigurische Restaurant namens Taklamakan muss man jetzt schon etwas weiter Richtung Isartor laufen. Allerdings hat direkt ums Eck, in der Dachauer Straße 4, ein neues uigurisches Restaurant eröffnet, das Kashgar, das ebenfalls die fantastischen, hausgemachten uigurischen Nudelgerichte anbietet.
So oder so: Ich bleibe noch eine Weile im Bahnhofsviertel. 50 Meter weiter gibt es nämlich das Bufet Bier und Wurst (Dachauer Straße 7a). So einfach wie der Name ist das Angebot: Es gibt Bier und Wurst. Außerdem Handkäse und Soleier, die man nur von den Simpsons kennt und von denen niemand weiß, wie man die eigentlich richtig isst.
Das Bier wird vor Ort ohne externe Kohlensäure gezapft, wie das in den großen Bräustuben Prags üblich ist, was ihm die herrliche Frische verleiht. Man merkt quasi gar nicht, dass man schon das dritte bestellt hat, weil es so gut ist. Das Ambiente ist minimalistisch: Theke, Tische, Stühle, kleine Karte, normale Leute. Wunderbar „verhocken“ kann man an so einem Ort.
Weiter geht’s! Es gibt diesen einen kurzen Teil der Bayerstraße, der unter Münchnern als Kleinkroatien gilt. Mittendrin ist die Wirtschaft Bavaria, ein Augustiner-Laden mit deutscher und kroatischer Küche. Manchmal, wenn ich im Angelbedarf um die Ecke einkaufe, bekomme ich Appetit auf Cevapcici, die hier serviert werden, neben Schnitzel und Bier.
An der kroatischen Küche mag ich besonders die Gemüsezwiebel, die roh dazu gegessen wird – frei von dem Gedanken, ob man danach einen Zwiebelatem hat oder nicht. Ein Sliwo wird’s schon richten, außerdem überwiegt der positive gesundheitliche Aspekt, denn die Zwiebel stärkt das Immunsystem.
In der Hermann-Lingg-Straße 12 befindet sich das Marmaris, ein klassisches türkisches Grillrestaurant mit Köfte und vielen Kebabspießen. Freundlich und schnell sind sie hier. Man kann getrost auf den Beilagenreis verzichten, denn die Portionen sind mehr als ausreichend für ein Mannsbild meiner Statur.
Weil ich die gegrillten grünen Paprika so gerne mag, hat der Chef extra den Kollegen losgeschickt, um mehr zu kaufen, und einen ganzen Teller dieser herrlich scharfen Teile dazugegeben. Kopfschüttelnd, denn er selbst mag es nämlich gar nicht so scharf.
Ein Sliwo wird’s schon richten, außerdem überwiegt der positive gesundheitliche Aspekt, denn die Zwiebel stärkt das Immunsystem.
Ein wirkliches Highlight, versteckt auf der Schwanthaler Straße 8, ist das Ratchada Thai Restaurant & Bar. Sicherlich kann man hier tagsüber gut essen, aber lohnend ist es vor allem ab 23 Uhr. Das Ratchada hat seine Küche nämlich bis drei Uhr nachts offen, und dazu gibt es Karaoke – und damit ist schon alles gesagt.
Mein Tipp: die Trinktour mit den besten Freunden vorverlegen, Hunger bekommen und hier vier bis fünf Gerichte bestellen, weiter trinken und Karaoke singen. Ein unvergesslicher Abend ist garantiert. Die Küche ist wirklich gut – und das Gefälle bei Etablissements mit mehr als einer Kernkompetenz ist ja bekanntlich groß.
Falafel gibt es in der Gegend wirklich an jeder Ecke, aber Servus Habibi (Schillerstraße 20) präsentiert das Thema zeitgemäß und hip, sodass sich das auf Instagram super verwerten lässt, und schmecken tut’s auch noch. Ottolenghi hat angerufen und will seinen Hummus zurück – Quatsch ist das, aber die Habibis vermarkten sich hervorragend, deshalb kann man da auch Shirts kaufen und dazu verschiedene Hummusvarianten von hoher Qualität und ein bisschen Hipstertum. Heißt: den Bordsteinspritz mit Aperol oder Lillet und die legendäre Straße auf sich wirken lassen, dabei lässig ans Vintage-Rennrad gelehnt. That’s life.
Die Habibis vermarkten sich hervorragend, deshalb kann man da auch Shirts kaufen und dazu verschiedene Hummusvarianten von hoher Qualität und ein bisschen Hipstertum.
Wer immer noch nicht genug von der Levante-Küche hat, wem aber auch der herbe Charme der Gegend zu viel ist, der verabredet sich im schicken und etwas teureren Neni, das an das Hotel 25hours angeschlossen ist. Auch hier wird wieder Hummus und Granatapfel in Hülle und Fülle serviert, Crispy Chicken, Sharing Plates, und im ersten Stock gibt es eine stabile Cocktailbar.
„Herber Charme“, „internationaler Flair“ – so muss das Maklersprech über den Hauptbahnhof klingen. Immerhin sind die Zeiten vorbei, als die Gegend von Pornokinos und Toplessbars und der zugehörigen Klientel beherrscht wurde. Sogar das Café Schiller (Schillerstraße 3) ist brav geworden und inzwischen eine sogenannte Sports Bar. Geboxt wird da nur noch auf den Bildern an der Wand, das war mal anders.
Ein bisschen vermisse ich den alten Mathäserkeller, zwischen Stachus und Bahnhof, der rund um die Uhr geöffnet hatte. Um vier Uhr morgens war das ein echtes Abenteuer, es spielten sich echte und alkoholumwobene Dramen ab.
Manchmal gehe ich hier im Viertel auch nur einkaufen, was immer einem kleinen Abenteuer gleichkommt. Ich rufe etwa in einer Bäckerei in der Landwehrstraße durch ein „Loch in der Wand“ nach einem Fladenbrot für 40 Cent oder warte, bis mein Maghreb-Metzger Oasis, ebenfalls in der Landwehrstraße, endlich seine Merguez fertig hat, gönne mir irgendwo einen Kardamom-Mocca und vielleicht ein Baklava auf die Hand – das Bahnhofsviertel hat in München garantiert den höchsten Pistazienverbrauch innerhalb der Stadt.
Eigentlich könnte ich mir noch den Bart schneiden lassen, dann trage ich wenigsten den Duft von Rosenwasser nach Hause, denn ab der Sonnenstraße ist urplötzlich Schluss mit dem internationalen Kosmos des Bahnhofsviertels, da nimmt einen das bekannte München wieder an die Hand. In meiner Tüte allerdings nehme ich Hummus, Merguez und irgendetwas mit, von dem ich noch nicht einmal wusste, dass ich es mag.