Vom Odeonsplatz bis zum Nationaltheater – die kleine Residenzstraße überrascht an allen Ecken mit Sehenswürdigkeiten. Hier kann man nicht nur eine Zeitreise durch Münchens Geschichte machen, sondern sich dank der Architektur auch schnell mal nach Italien träumen.
Die Münchner Altstadt hat viele verwinkelte und wunderschöne Straßen, eine der spannendsten ist aber sicherlich die Residenzstraße. Denn hier stehen nicht nur jede Menge Sehenswürdigkeiten wie die Feldherrnhalle, die Residenz und das Nationaltheater, viele der Gebäude erinnern auch so sehr an Florenz oder Rom, dass man sich gleich ein bisschen wie in Italien fühlt. Wenn dann noch die Abendsonne auf die Fassade der Residenz scheint, man sich mit einem Eis in der Hand an die warme Hausmauer lehnt und das Treiben beobachtet, könnte einem fast ein kleines „bellissima“ herausrutschen.
Viele der Gebäude erinnern so sehr an Florenz oder Rom, dass man sich gleich ein bisschen wie in Italien fühlt.
Und tatsächlich hat der Spitzname „nördlichste Stadt Italiens“ rund um die Residenzstraße absolut seine Berechtigung, denn der Max-Joseph-Platz wurde von Leo von Klenze nach dem Vorbild des berühmten Kapitolsplatz in Rom entworfen. Und der benachbarte Odeonsplatz, der über die Residenzstraße mit dem Platz vor der Oper verbunden ist, erinnert mit seinen Bauwerken ebenfalls an den Süden. Kein Wunder, denn die Theatinerkirche war 1675 die erste Kirche im spätbarocken Stil nördlich der Alpen und die Bauweise der Feldherrnhalle ist angelehnt an die bekannte Loggia dei Lanzi in Florenz.
Wer sie länger unter die Lupe nehmen möchte, kann das ganz wunderbar von der Terrasse der Frank Weinbar aus tun. Das Lokal in der Residenzstraße hat 2018 eröffnet, zuvor kümmerten sich die Betreiber noch um das benachbarte Stereo Café. In der Frank Weinbar steht niemand mit dem Namen Frank hinter der Bar, viel mehr spezialisiert man sich hier auf fränkische Weine. Dazu gibt es fantastisches Essen: Wir bestellen als leichten Nachmittagssnack ein Lachstatar mit Avocado und einen Erdbeersalat mit Burrata, dazu ein noch leichteres Glas Weißwein.
In sein Lokal kommen viele Einheimische und aufgrund der superzentralen Lage natürlich auch einige Touristinnen und Touristen, erzählt uns Betreiber Felix. Abends hat er Theater- und Operngäste, die in das benachbarte Nationaltheater, die Kammerspiele oder das Residenztheater gehen. Immer gut zu wissen: „Man kann bei uns nicht reservieren, ich mag es, wenn die Gäste spontan kommen“, erfahren wir von Felix. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum es in Franks Weinbar so gemütlich und unkompliziert zugeht. Essen und Weine sind gehoben, der Service auf Augenhöhe, die Atmosphäre locker.
„Die Residenzstraße liegt schön zentral am Odeonsplatz und der Theatinerkirche, auf der anderen Seite gibt es wahnsinnig viele Baustellen – es ist eine Hassliebe.“
Felix findet den Standort für sein Lokal auf der einen Seite natürlich toll, aber die direkte Innenstadtlage hat auch Nachteile: „Die Residenzstraße liegt schön zentral am Odeonsplatz und der Theatinerkirche, auf der anderen Seite gibt es wahnsinnig viele Baustellen – es ist eine Hassliebe.“ Privat trifft man ihm beim Klamotten shoppen im Stereo Muc, seine Brillen kauft er am liebsten ein paar Meter weiter im Freudenhaus am Odeonsplatz. Und wenn Felix nicht gerade in seinem eigenen Lokal steht, sitzt er selbstverständlich auch sehr gerne nebenan im Schumann's.
Gästeführerin Christa Wagner war dagegen lange Stammgast in der Pfälzer Weinstube gleich neben der Frank Weinbar. Wie der Name schon verrät, spezialisiert man sich hier auf pfälzischen Wein. „Seitdem ich 17 bin, geh' ich hier her! Die Weinstube gibt es schon seit 1950, auch wenn sie früher weiter vorne und viel kleiner war.“ Christa kennt aber nicht nur die Weinstube, sondern die ganze Residenzstraße besonders gut. Schon seit 40 Jahren führt sie Gäste und interessierte Einheimische hier durch. Sie kennt jedes Geschäft, jeden Hinterhof und aufgrund der vielen Jahre Arbeit natürlich auch sämtliche Gastrotipps.
Schon seit 40 Jahren führt Gästeführerin Christa ihre Kunden durch die Residenzstraße. Sie kennt jedes Geschäft, jeden Hinterhof und sämtliche Gastrotipps.
„Die allerbeste Leberkassemmel gibt es immer noch beim Franziskaner. Dazu ein Kartoffel-Gurkensalat, das ist ganz was Feines! Und danach trifft man sich auf einen Espresso in der kleinen Segafredo Espresso Bar.“ Außerdem hält die Residenzstraße einige versteckte Sehenswürdigkeiten bereit, von denen sie uns berichtet – wie der Innenhof der Hausnummer 13: Früher stand hier noch das Püttrich-Kloster, im 15. Jahrhundert dann ein Kloster der Franziskaner. Man erkennt die besondere Fassade immer noch an ihren gotischen Verzierungen. Oder das Treppenhaus des Preysingpalais, das direkt hinter der Feldherrnhalle zu finden ist.
Die Residenzstraße gilt schon lange als Prachtstraße und perfekte Adresse für Münchner Traditionsgeschäfte. Einige gibt es bis heute wie den Zechbauer Zigarren, die Maßschneiderei von Max Dietl oder das Schuhgeschäft Ed. Meier, das nur eine Ecke weiter in die Brienner Straße gezogen ist. Nach all den Jahren hat sich viel verändert in der herrschaftlichen Straße, aber eines ist Christa geblieben: die Begeisterung für die Residenz. Sie kommt ins Schwärmen: „Was da geleistet worden ist nach dem Krieg fasziniert mich bis heute. Es waren nur 25 Quadratmeter von der Residenz erhalten und trotzdem war gleich nach 1945 klar, dass man sie wieder aufbauen wird!“
Die Münchner Residenz ist tatsächlich ein ganz besonderes Bauwerk: Sie war von 1508 bis 1918 sowohl Wohn- als auch Regierungssitz der bayerischen Herzöge, Kurfürsten und Könige. Heute ist sie das größte Innenstadtschloss Deutschlands sowie das größte Raumkunstmuseum Europas. Mit dem berühmten Antiquarium aus der Renaissance, dem barocken Kaisersaal, dem klassizistischen Appartement von König Ludwig I. und seinem Grottenhof mit Tropfsteinbrunnen gehört es zu Münchens beliebtesten Sehenswürdigkeiten.
Zu den prominenten Gästen der Residenz zählten schon Charles De Gaulle, Königin Silvia von Schweden und Queen Elisabeth II., die auf Staatsbesuch teilweise sogar in den prunkvollen, aber wenig komfortablen Räumen übernachtet hatten. Außerdem befindet sich hier das Cuvilliés-Theater, in dem 1781 Mozarts Oper Idomeneo uraufgeführt wurde.
Aber die Residenzstraße hält noch viel mehr Geschichtliches bereit – wie rund um die Feldherrnhalle. In der NS-Zeit erlangte die Halle traurige Berühmtheit: Die Nazis missbrauchten den Ort für Reden und Aufmärsche, außerdem kam es hier 1923 – zehn Jahre vor der Machtergreifung – zum Hitler-Ludendorff-Putsch. Bei einem der darauffolgenden Gedenkmärsche 1938 versuchte der Schweizer Maurice Bavaud vergeblich, Hitler zu erschießen. Bis Kriegsende hing eine Gedenktafel an der Halle, die von vorbeigehenden Passanten mit dem Hitlergruß geehrt werden musste. Wer dies nicht wollte, nahm häufig unauffällig den Weg durch die Viscardigasse hinter der Feldherrnhalle. Dieser stille Protest wird heute in dieser sogenannten „Drückebergergasse“ mit einem goldenen Bodendenkmal geehrt.