Die Maxvorstadt ist ein umtriebiges Viertel: Hier gibt es zwei weltbekannte Universitäten, Museen und Kulturtempel sowie eine bunte Mischung aus Cafés, Restaurants und Geschäften. Auch Unternehmen, Brauereien und Verlage haben hier ihren Sitz.
Der Stadtteil erstreckt sich nördlich der Altstadt vom Englischen Garten im Osten bis zum Stiglmaierplatz und endet im Westen an der Arnulfstraße, die parallel zu den Bahngleisen Richtung Hauptbahnhof verläuft.
Die Maxvorstadt ist das Ergebnis der ersten planmäßigen Stadterweiterung Münchens: 1806 wurde Bayern zum Königreich erhoben und so galt es, Münchens neue Rolle als Verwaltungs- und Kulturzentrum zu betonen. König Max I. Josef, Namensgeber der neuen Vorstadt, entschied deshalb im Jahr 1808, München zu vergrößern. Die Einebnung des militärisch nutzlos gewordenen Befestigungsrings wurde fortgeführt und schuf Platz, einen modernen Bebauungsplan von Friedrich Ludwig von Sckell umsetzen zu können. Sckell hatte ein rasterförmiges Straßennetz im Sinn, das sich deutlich von der verwinkelten Altstadt abhob.
König Max' Sohn und Nachfolger, Ludwig I., beteiligte sich bereits als Kronprinz aktiv an der Gestaltung der Maxvorstadt: Aus der gewundenen Schwabinger Landstraße ließ er mit den Architekten Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner die Ludwigstraße, ein städtebauliches Gesamtkunstwerk, entstehen. Monumentale Bauwerke säumen die 1250 Meter lange Straße. Gleich am Beginn der Ludwigstraße erinnert vor dem Odeon, dem heutigen Innenministerium, und dem Palais Leuchtenberg, heute Finanzministerium, ein eindrucksvolles Reiterdenkmal an Ludwig I.
Im weiteren Verlauf sind unter anderem die Bayerische Staatsbibliothek, die Kirche St. Ludwig sowie das leicht zurück versetzte Gebäude der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) sehenswert.
Das Siegestor, erbaut nach dem Vorbild des Konstantinbogens in Rom, markiert das Ende der Ludwigstraße. Die Prachtstraße war und ist der geeignete Ort für Paraden, Aufmärsche und Festumzüge: Am ersten Sonntag des Oktoberfestes ziehen heute alljährlich Trachten- und Schützenvereine mit rund 9000 Mitwirkenden Richtung Theresienwiese.
"München ist ein Dorf in dem Paläste stehen!"
Vom Odeonsplatz kommend Richtung Westen entlang der Brienner Straße prunkte und protzte die Maxvorstadt: Der Dichter Heinrich Heine spottete anlässlich eines Besuchs über München, es sei ein Dorf, in dem Paläste stehen. Die ursprüngliche Bausubstanz wurde in der NS-Zeit stark verändert und später durch Bombenangriffe völlig zerstört. Erhalten geblieben ist aber die Bedeutung dieses Straßenzuges: Die Siemens-Konzernzentrale am Wittelsbacher Platz, edle Boutiquen und Autosalons, die Börse München, Kunstgalerien und Cafés sorgen für ein edles Ambiente.
Eine städtebauliche Vision von Kronprinz Ludwig war auch der Bau eines repräsentativen Platzes, des heutigen Königsplatzes. Der Griechenland-Liebhaber Ludwig wollte aus München ein „Isar-Athen“ machen. Die Glyptothek, ein hellenistischer Tempelbau, wurde das erste öffentliche Museum. Gegenüber befinden sich heute die Staatliche Antikensammlungen mit ihrem korinthischen Portal. Am westlichen Rand des Platzes erinnert ein Stadttor, die Propyläen, an die Befreiung Griechenlands mit Hilfe der Wittelsbacher.
Heute ist der Königsplatz oft Kulisse für große Konzerte von Klassik bis Hard Rock, Open-Air-Kino oder auch Zielpunkt und Schauplatz friedlicher Demonstrationen.
Zwischen dem kreisrunden Karolinenplatz und dem Königsplatz erinnert das 2011 eröffnete NS-Dokumentationszentrum an die bedeutende Rolle Münchens im Nationalsozialismus.
Adolf Hitler fand in der Maxvorstadt seine Basis zum Aufbau der NSDAP und gestaltete den Bereich an der Brienner Straße nach seinen Vorstellungen um. Die Parteibauten an der Arcisstraße, Verwaltungsgebäude der NSDAP und Führerbau, beherbergen heute die Hochschule für Musik und Theater – Hitlers Arbeitszimmer dient nun Studierenden als Proberaum – sowie das Zentralinstitut für Kunstgeschichte.
Das rasterförmige Straßennetz der Maxvorstadt ist vor allem zwischen Ludwig- und Brienner Straße unübersehbar. Das Univiertel wird seinem Namen mehr als gerecht, denn es beherbergt heute neben der Ludwig-Maximillians-Universität und der Technischen Universität (TUM) an der Arcisstraße eine Reihe weiterer bedeutender Hochschulen und Akademien.
Die über 120.000 Studierenden der beiden Universitäten prägen das Leben im Viertel. Zahlreiche kleine Geschäfte, Lokale und Cafés reihen sich neben Einraum-Galerien, Antiquariate und Buchhandlungen, Copyshops und Waschsalons in der Türkenstraße, Amalienstraße und Schellingstraße, um nur drei Hauptschlagadern des Viertels zu nennen.
Einige traditionsreiche Gaststätten existieren seit über 100 Jahren, wie der Alte Simpl an der Türkenstraße 57. Benannt nach dem Satiremagazin Simplicissimus, war das Lokal Anfang des 20. Jahrhunderts ein Treffpunkt der Künstler-Szene. In den 1960iger-Jahren gaben sich Prominente aus Showbusiness und Politik die Ehre: Duke Ellington, Curd Jürgens, Willy Brandt, Liv Ullmann, und viele mehr.
Im Schelling-Salon an der Schellingstraße 54 scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Seit 1911 wird hier Billard gespielt. Es treffen sich Alt und Jung zum Ratschen oder Spielen: Karteln, Würfeln und Kickern kann man hier auch. Für zünftiges und preiswertes leibliches Wohl ist natürlich gesorgt.
Selbst Einheimische sprechen heute noch von Schwabing und meinen die Maxvorstadt, denn hier steht die Wiege der Schwabinger Bohème. Literaten, Maler und alle, die sich freien Gedanken hingaben, wirkten und lebten hier. Erst im letzten Jahrzehnt konnte sich dieser nicht nur historisch so bedeutende Stadtteil emanzipieren.
Aus aller Welt strömten sie nach München, um hier zu studieren. Pablo Picasso sagte 1897, dass man weder in Paris noch in Madrid ernsthaft Kunst studieren könne, sondern nur in „Munick“, weil hier die Kunst frei sei! Paul Klee, Wassily Kandinsky, Franz Marc, Alfred Kubin, um nur wenige zu nennen, studierten an der Akademie in München.
"Weder in Paris noch in Madrid kann man ernsthaft Kunst studieren. Nur in 'Munick' ist dies möglich, weil hier die Kunst frei ist!"
Auf dem ehemaligen Gelände der Türkenkaserne wurde 2002 die Pinakothek der Moderne eröffnet. In unmittelbarer Nähe befindet sich das Museum Brandhorst. Seine markante Fassade gleicht einem abstrakten Gemälde. Ein weiterer Besuchermagnet ist die Städtische Galerie im Lenbachhaus. Berühmt ist die Galerie unter anderem für die Werke der Künstlervereinigung des Blauen Reiter.
Herzstück des Museumsviertels in der Maxvorstadt bilden drei Pinakotheken. Der Grundstein für das heute Kunstareal genannte Quartier wurde mit dem Bau der Alten Pinakothek gelegt. Die Neue Pinakothek gegenüber gelegen, 1853 eröffnet, beheimatet unter anderem Hauptwerke von Manet, Monet, van Gogh, Gauguin und Cézanne.
Die Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) residiert seit 2011 in der Maxvorstadt. Namen wie Doris Dörrie, Dominik Graf, Bernd Eichinger, Sönke Wortmann, die nicht nur Filmfreaks ein Begriff sind, stehen mit ihr in Verbindung. Das Gebäude beherbergt im westlichen Untergeschoss das Ägyptische Museum, das alleine durch seinen spektakulären Eingang oder besser Abgang neugierig macht.
Im westlichen Teil der Maxvorstadt sind bzw. waren zwei große Brauereien zu Hause: Die Gebäude der Großbrauerei Löwenbräu waren Tempel der Brauindustrie. Seit 1826 wurde an der Nymphenburger Straße Bier gebraut. Heute erinnert nur noch der Löwenbräukeller, erbaut im Jahr 1883, an die um die Jahrhundertwende größte Brauerei Deutschlands.
Das Gebäude mit der markanten Fassade und dem Turm ist heute vor allem im Fasching und in der anschließenden Starkbierzeit ein begehrter Veranstaltungsort. Der Löwenbräu-Wirtsgarten, ebenfalls 1883 eröffnet, war damals eine Attraktion: Über Servietten, Tischtücher und elektrische Beleuchtung in einem Biergarten staunten die Einheimischen nicht schlecht.
Die Brauereianlagen mussten 2007 einem Luxuswohnquartier weichen. Bier gebraut und abgefüllt wird heute im nahegelegen Sudhaus der Spatenbrauerei, die 1997 mit Löwenbräu fusioniert ist. Der sympathische Duft von Hopfen liegt in diesem Viertel immer noch in der Luft.
Die Spatenbrauerei von Gabriel Sedlmayr zog 1851 in die Marsstraße der Maxvorstadt. Sedlmayr setze als erster Münchner Brauer auf Kälte beim Brauvorgang und lagerte das fertige Bier in kälteisolierten Kellern. Diese Revolution im Brauwesen beendete nach über 300 Jahren das Sommer-Brauverbot. Später nutzte Sedlmayr als Erster die Eismaschine von Carl Linde und startete so mit der industriellen Produktion des Bieres.
Der Löwenbräu-Wirtsgarten: der erste Biergarten mit Servietten, Tischdecken und elektrischer Beleuchtung. Darüber staunten die Münchner 1883 nicht schlecht!
Auf dem Gelände des heutigen Augustiner-Kellers, einem der schönsten Biergärten der Stadt, soll die letzte Hinrichtungsstätte Münchens gewesen sein. Dies ist allerdings eine Legende, die der „wissende“ Einheimische genüsslich seinem Gast bei einer Maß Bier unter den schattenspendenden Kastanien so nebenbei erzählt und sich an dem sich gruselnden Gegenüber erfreut.
Tatsächlich lag der Hinrichtungsplatz auf der gegenüberliegenden Seite der Arnulfstraße, ehemals Salzstraße genannt. Die letzte Hinrichtung fand 1861 statt. In unmittelbarer Nähe dieses blutigen Ortes wurde ein Zirkus sesshaft: der Circus Krone. Nicht nur ein Winterquartier für die Tiere, sondern auch Bühne für aufstrebende junge Männer aus England: Die Beatles gaben hier ihr Auftaktkonzert zur Welttournee 1966.
Innerhalb der pulsierenden Maxvorstadt finden sich auch grüne Oasen zum Verweilen und Durchatmen:
Der Englische Garten im Osten ist in seiner Weitläufigkeit unschlagbar. Der Alte Nördliche Friedhof an der Arcisstraße bietet hingegen eine ganz besondere Atmosphäre. Mehrmals sollte der Gottesacker eingeebnet werden, doch das Schicksal meinte es gut und so blieb den Maxvorstädtern ein grüner Ruhepol. Hier spielen Kinder zwischen den Grabsteinen und auf den Bänken lässt sich so manche Stunde mit einem Buch verbringen, umgeben vom Geist berühmter Münchner Künstler und Künstlerinnen, die hier begraben sind.
Die großzügigen Grünflächen im Kunstareal zwischen den Pinakotheken und am Königsplatz bieten sich vor allem in den Sommermonaten für ein spontanes Picknick, Sonnenbaden in der Mittagspause, zum Fußballspielen, Yoga oder einfach nur zum Zusammensitzen und Ratschen und der Sonne beim Untergehen zuschauen, an.
Nicht zu vergessen der Alte Botanische Garten, wenn man es schafft, den Verkehrs-Hotspot Karlsplatz-Stachus zu überwinden. Und der Hofgarten an der Residenz, ein Barockgarten der zum Boulespielen einlädt oder an lauen Sommerabenden zum Tangotanzen verführt.