Bogenhausen ist bekannt für seine Villen, Notarkanzleien und Feinkostläden. Bei einem Spaziergang durch das Viertel kann man am Luxus teilhaben, ohne selbst im Reichtum zu schwimmen.
Ein goldener Engel schwebt über Bogenhausen. Das Denkmal zeigt die griechische Göttin Nike. Sie ist die Verkörperung von Sieg, Macht und Erfolg und glitzert in 38 Meter Höhe über München. Der Friedensengel markiert nicht nur den Frieden nach dem Deutsch-Französischen Krieg – wer am Fuß der Säule steht, hat auch eine herrliche Aussicht über die Prinzregentenstraße und die Luitpoldbrücke, den Beginn von Bogenhausen.
1892 wurde das frühere Bauerndorf nach München eingegliedert und entwickelte sich später zu dem Villenviertel, das es heute ist. Bogenhausen ist so, wie viele sich München aus der Ferne vorstellen: Villen, Privatkliniken, Notarkanzleien, Promis und Feinkost. München leuchtet in Bogenhausen. Und im Gegensatz zu anderen Nobelorten kann man hier an diesem Luxus teilhaben. Wer in Bogenhausen flaniert, bekommt immer wieder grandiose Blickachsen über die Isar, kann Fassaden im Jugendstil bestaunen und in den Kultureinrichtungen Villa Stuck und Monacensia die Villen von innen erleben.
Wer beim Friedensengel mit dem Rundgang beginnt, gelangt in wenigen Schritten am Europaplatz vorbei zur Villa Stuck. Die Künstlervilla ist ein städtisches Museum und eines der bedeutendsten existierenden Künstlerhäuser in ganz Europa. Franz von Stuck konzipierte sie Ende des 19. Jahrhunderts. In wechselnden Sonderausstellungen kann man Kunst aus dem 19. und 20. Jahrhundert und der Gegenwart sehen. Schon die Villa selbst ist einen Besuch wert. Der Malerfürst hat sie als Gesamtkunstwerk angelegt. Sie hat einen bewusst von der Außenwelt abgeschirmten Garten, den Stuck nach dem Vorbild antiker Villen entworfen hat, und ein Himmelsgewölbe mit Sternbildern an der Decke des Musikzimmers. Jeden ersten Freitag im Monat ist der Eintritt von 18 bis 22 Uhr frei.
München leuchtet in Bogenhausen.
Gegenüber der Villa Stuck befindet sich ein imposantes Gebäude, hinter dichtem Pflanzenwuchs verborgen, doch die Kuppel im Barockstil ragt weit darüber heraus. Die Villa, die mehr an ein kleines Schlösschen erinnert, wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und von Prinz Alfons von Bayern erworben. Allerdings wohnte er zunächst nicht selbst darin, sondern vermietete das Anwesen an den Nobelpreisträger Wilhelm Conrad Röntgen, der damals als Professor an der Universität Physik unterrichtete. Kurz vor dem Tod von Röntgens Frau kam die Eigenbedarfskündigung, und die Frau und Kinder des Prinzen zogen ein. Die letzten Jahre hat der Entdecker der Röntgenstrahlen in der Maria-Theresia-Straße verbracht.
Dort erreichen wir auch die nächste Künstlervilla, die ihre Türen für alle geöffnet hat. Im Hildebrandhaus befindet sich die Monacensia, das literarische Gedächtnis der Stadt München. Sie ist Teil der Münchner Stadtbibliothek und eine beeindruckende Forschungsbibliothek mit 150.000 Büchern. Auf dunklen Holzböden, die beim Gehen ein wenig knarzen, läuft man durch eine imposante Sammlung: von erzählenden Bildern, so werden Comics hier genannt, zu der Thomas-Mann-Sammlung im Galeriesaal. „Die Buddenbrooks“, „Der Zauberberg“, „Der Tod in Venedig“ stehen auf Isländisch, Hebräisch und Rumänisch in den Regalen. Es gibt Übersetzungen in 43 Sprachen. Eine Dauerausstellung spürt dem literarischen München zur Zeit von Thomas Mann nach – von seinen literarischen Anfängen bis zur Vertreibung ins Exil.
Die moderne Nachbildung der „Poschi“ – so lautet der Spitzname der Thomas-Mann-Villa, weil sie einst in der Poschinger Straße stand – steht heute in der Thomas-Mann-Allee 10 mit Blick auf die Isar und wird als Privathaus genutzt.
Thomas Mann hat von 1914 bis 1933 in einer Villa in Bogenhausen gelebt. Die moderne Nachbildung der „Poschi“ – so lautet der Spitzname der Thomas-Mann-Villa, weil sie einst in der Poschinger Straße stand – steht heute in der Thomas-Mann-Allee 10 mit Blick auf die Isar und wird als Privathaus genutzt.
Der Schriftsteller Mann verließ Deutschland 1933 mit seiner Familie für eine Vortragsreise zu Ehren Wagners. Als entschiedene Gegner der NS-Ideologie kehrten sie nicht zurück, sondern gingen 1938 ins Exil in die USA. Die Villa wurde enteignet, im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und später ganz abgerissen. Wieder aufgebaut hat sie 2002 bis 2005 der Ex-Deutschland-Chef der US-Investmentbank Goldman Sachs und Finanzmanager Alexander Dibelius.
Zwar ist die Rekonstruktion von außen der alten Villa nachempfunden, doch das Innere soll luxuriösen Neubauten in nichts nachstehen. Dort wo einst Thomas Manns Schreibtisch stand, ist laut dem Münchner Literaturwissenschaftler Dirk Heißerer heute ein Glasboden, der den Blick auf den darunterliegenden Pool freigibt. Von der Straße ist das alles freilich nicht zu sehen – aber mit ein bisschen Vorstellungskraft zu erahnen.
Schlendert man von der Thomas-Mann-Allee weiter, kommt man an Luxusbauten verschiedener Baustile vorbei, etwa an einem Brutalismusgebäude, eine geometrische Figur in grauem Beton, direkt neben einer Gründerzeitvilla mit verspielten Jugendstilfassaden. In der Nachbarschaft rund um den Herzogpark wohnen die Reichen und Schönen Villa an Villa.
Während man sich die Villen anschaut, fragt man sich, welche man wohl selbst bewohnen wollen würde. Es ist wie ein Schaufensterbummel mit Vorgarten und Überwachungssystem.
Folgt man der Pienzenauerstraße, nimmt nicht nur die Dichte von SUVs und Sportwagen zu, sondern auch die von weißen Renault-Kastenwägen, dem klassischen Auto von Handwerksbetrieben. Denn im Herzogpark wird gebaut, saniert, viele der Villen sind in Topzustand, manche der Luxusvillen stehen leer und haben ein löchriges, moosbewachsenes Dach. Während man sich die Villen anschaut, fragt man sich, welche man wohl selbst bewohnen wollen würde. Es ist wie ein Schaufensterbummel mit Vorgarten und Überwachungssystem. Wer schon mal auf der Biennale in Venedig die verschiedenen Pavillons besucht hat, kennt das Gefühl, das man hier beim Spazieren hat.
Den Wohlstand kann man in allen architektonischen Formen bestaunen. Hier herrscht Stilpluralismus: Villen mit verspielten, spitzen Türmchen und Wendeltreppen, die wie die Miniaturvariante eines Märchenschlosses aussehen, stehen neben modernen Bungalows, kubistischen, sterilen Bauten mit Flach- oder Pultdach. Herrschaftliche Gründerzeitvillen, Luxushäuser mit Vordach, Säulen im Neoklassikstil und Neubauvillen mit bodenhohen Fenstern im Jahrhundertwendelook. Hier stehen Architekturträume, aber auch Immobilienalbträume in einer Reihe. Bogenhausen zählt zu den begehrtesten Wohnvierteln der Stadt, gleichzeitig werden viele Villen zur gewerblichen Nutzung umgebaut: Notariate, Kanzleien, Immobilienbüros oder Privatpraxen haben dort ihren Sitz.
Das Käfer Bistro ist neben Dallmayr in der Altstadt der wohl berühmteste Delikatessenladen der Stadt. Gespeist haben hier schon der bayerische Papst Joseph Ratzinger und Bill Clinton.
Von der Immobilientour Hungrige können flussaufwärts am Hochufer der Isar zurück zum Prinzregentenplatz spazieren, vorbei an der Sternwarte. Das Käfer Bistro ist neben Dallmayr in der Altstadt der wohl berühmteste Delikatessenladen der Stadt. Gespeist haben hier schon der bayerische Papst Joseph Ratzinger, Bill Clinton – und auch der frühere Wirecard-CEO kam hier regelmäßig zum Mittagessen her. Gehobene Preise für gehobene Köstlichkeiten. Im Stammhaus von Feinkost Käfer gibt es zur Vorspeise Austern und allerlei Trüffel: gehobelt auf der selbst gemachten Pasta, geträufelt als Öl auf der Kürbissuppe oder verarbeitet in der Mayonnaise zum Roastbeef im Clubsandwich. Im Sortiment gibt es auch italienisches Olivenöl in bunten Flaschen, edlen Schaumwein aus Frankreich, spanischen Serranoschinken in der Kühlkammer und geräuchertes Meersalz. Um ein kleines Stück Luxus mit nach Hause zu nehmen.