Die Regierungszeit des Prinzregenten Luitpold (1886 bis 1912) gilt als Münchens "Goldenes Zeitalter". Nie zuvor hatte es so viel Kunst und industriellen Fortschritt in der Stadt gegeben. Dabei hat kein Wittelsbacher je ein schwereres Amt angetreten als Luitpold nach dem rätselhaften Tod König Ludwigs II.
Prinzregent Luitpold gilt als einer der wichtigsten Repräsentanten des bayerischen Königtums. So gibt es in fast jeder großen Stadt in Bayern Prinzregentenstraßen und -denkmäler. In München wurde mit dem Café Luitpold sogar ein Restaurant nach ihm benannt. 1888 eröffnet, war es damals das modernste und prächtigste Kaffeehaus der Stadt und existiert noch heute an der Brienner Straße 11. Übrigens auch bis heute erhalten und sozusagen ein süßes Geschichtsdokument dieser Zeit: die Prinzregententorte.
Doch eigentlich sollte alles ganz anders kommen: Luitpold wurde am 12. März 1821 in Würzburg geboren. Er war das fünfte Kind des späteren Königs Ludwig I. und der Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen. Auf Anweisung seines Vaters ging er mit 14 Jahren zum Militär. Nach der Ausbildung wurde er 1941 Oberst und somit Kommandeur beim Münchner 1. Artillerieregiment – der Start einer wunderbaren Militärlaufbahn.
Auf einer seiner zahlreichen Auslandsreisen lernte Luitpold in Florenz Auguste Ferdinande von Habsburg-Este, die Tochter des Großherzogs der Toskana, kennen. Das Paar heiratete am 15. April 1844 in Florenz. Das Besondere für die damalige Zeit: Es war eine Liebesheirat. Die beiden bekamen vier Kinder, darunter war der spätere König Ludwig III.
Zwei Ereignisse sollten das Leben Luitpolds dann rapide ändern. Zunächst ereilte ihn im Jahre 1861 ein schwerer Schicksalsschlag. Seine Frau verstarb mit nur 39 Jahren in München. Luitpold heiratete nie wieder. Bald darauf, im Jahre 1864, wurde Ludwig II. König von Bayern. Da sich der sogenannte Märchenkönig lieber in seine Phantastereien und Traumschlösser zurückzog, musste Luitpold zunehmend repräsentative Aufgaben für seinen Neffen wahrnehmen.
Die Situation spitze sich damals immer mehr zu: Denn Ludwigs Schlösserbauten führten dazu, dass sich das Hause Wittelsbach zunehmend verschuldete. Gleichzeitig kam der weltfremde und menschenscheue König in keinster Weise seinen politischen Pflichten nach. So wurde König Ludwig II. am 9. Juni 1886 entmündigt und abgesetzt. Nur ein paar Tage später, am 13. Juni 1886, ertrank er auf rätselhafte Weise im Starnberger See. Nächster Anwärter auf den Thron war nun allein Luitpold, denn Otto I., der Bruder Ludwigs II., galt seit seiner Geburt als geisteskrank und regierungsunfähig.
So übernahm Luitpold mit 65 Jahren die Prinzregentschaft. Doch er trat ein schweres Amt an. Bayern befand sich damals in einer tiefen Krise. Der Zorn des Volkes auf den verschwenderischen Märchenkönig ging sofort über auf den Prinzregenten. Der musste sich den Vorwurf der Machtgier und vielleicht sogar der mörderischen Machenschaften gefallen lassen.
Seiner Regentschaft tat das aber keinen Abbruch. Denn Luitpold vertrat vor allem die altbayerischen Tugenden: Seine bescheidene, eher nüchterne Art, sein Pflichtbewusstsein und seine Liebe zu Kunst und Natur passten gut in die Zeit. In den knapp 27 Jahren Prinzregentschaft erlebte besonders München, und hier vor allem Schwabing, eine große kulturelle Blüte.
Im Zuge der Industrialisierung wuchs München von einer ländlichen zu einer dynamischen industriellen Großstadt heran. Der Telegraph und das Telefon veränderten die Welt. Die Eisenbahn wurde ausgebaut. In München siedelten sich neue Industrien an. Der Tourismus wurde eine wichtige Einnahmequelle für die Stadt und ihre Bewohner. Der Zuzug war in dieser Zeit enorm. Man spricht bis heute von Münchens „goldenen Jahren“.
Als Prinzregent Luitpold am 12. Dezember 1912 im Alter von 91 Jahren in der Münchner Residenz verstirbt, ist die Trauer in der Bevölkerung groß und wohl auch echt. Kaiser Wilhelm II. bezeichnete Luitpold bei der Grabrede als den letzten Ritter.
Der Prinzregent wurde in der Theatinerkirche in der Familiengruft der Wittelsbacher beigesetzt, wo sein Sarkophag noch heute zu besichtigen ist.