Wer auf der Suche nach besonderen Einrichtungsläden ist, wird in München garantiert fündig. Wir haben eine Shopping-Tour durch die Innenstadt gemacht – vom Kustermann bis zur Kunst Oase.
Nachdem wir schon hinter die Kulissen von Münchens ehemaligen Hoflieferanten gucken, uns durch verschiedene Trachtengeschäfte probieren und passend dazu alles über Trachtenaccessoires lernen durften, sind wir dieses Mal auf der Suche nach besonderen Interior-Läden in der Innenstadt. Und auch hier zeigt München eine bunte Auswahl: von ausgesuchten Antiquitäten bis zu selbstgeschreinerten Möbeln, von handgenähter Bettwäsche bis zu Porzellan aus aller Welt. Wer nicht viel Platz im Koffer hat, greift auf handliche Wohnaccessoires zurück oder nutzt den internationalen Lieferdienst, den manche Geschäfte anbieten.
Vor allem in Schwabing und der Maxvorstadt gibt es jede Menge Antiquitätenläden, aber eine Adresse vergisst man garantiert nie wieder: die Kunst Oase in der Hohenzollernstraße. Schon von außen ist der Laden im Hinterhof sofort zu erkennen – antike Spiegel weisen den Weg nach unten in den riesigen Keller, der randvoll steht mit Spiegeln, Bilderrahmen, Gläsern, Porzellan und anderen schönen Dingen. Von der Decke funkeln hunderte antike Lampen, Kronleuchter und ausgefallene Lüster aus sämtlichen Jahrzehnten.
Auf einer Eckbank sitzt der 80-jährige Ladenbesitzer Manfred Wambsganss, grüßt freundlich und lässt seine Kund*innen ganz in Ruhe entdecken – denn zu entdecken gibt es genug in der Kunst Oase. Wambsganss hat den Keller 1984 übernommen, damals arbeitete er noch als freier Maler und wollte hier eine Galerie für Kollegen und sich selbst einrichten. „Dann kam ein Schrank zum anderen. Am Anfang war ich noch auf vielen Haushaltsauflösungen, mittlerweile kommen jeden Tag Kleinhändler vorbei, die genau wissen, was ich suche. Also ich kann hier einfach sitzen und es wird immer voller“, erzählt er und lacht.
„Im Viertel leben viele Künstler in Altbauwohnungen, die etwas Besonderes suchen – zu meinen Kunden gehörten schon Helmut Dietl, die Schauspielerin Maria Schell und Franz Xaver Kroetz.“
Die neue Ware kommt zuerst einmal ins Lager im Obergeschoss – auch hier warten unzählige Stücke. Kaputte Lampen werden gleich in der Werkstatt gegenüber repariert, aufgearbeitet und geputzt, ein Freund hilft schon seit 35 Jahren dabei. Manche Rahmen schleift Manfred Wambsganss auch selbst ab und bemalt sie neu. Mit etwas Glück lassen sich zwischen den abertausenden Kunstdrucken, Gemälden und Kupferstichen heute noch eigene Arbeiten von Wambsganss entdecken. In jedem Fall sollte man Zeit mitbringen in der Kunst Oase. Wer durch die vielen, kleinen Gänge geht, hat manchmal fast das Gefühl, sich hier verlaufen zu können. Dazu läuft ganz passend laute Klassik-Musik, ein Brunnen plätschert.
Manfred Wambsganss lebt selbst seit fast 50 Jahren in Schwabing: „Im Viertel leben viele Künstler in Altbauwohnungen, die etwas Besonderes suchen – zu meinen Kunden gehörten schon Helmut Dietl, die Schauspielerin Maria Schell und Franz Xaver Kroetz.“ In Wambsganss Wohnung am Wedekindplatz sieht es wohl genauso aus wie in der Kunst Oase: „Ich wüsste gar nicht, welche Lampen man sonst haben wollte außer Lüster. Wenn ich nachts durch Schwabing spaziere, wundere ich mich darüber, dass bei vielen nackte Glühbirnen oder diese japanische Papierlampen von der Decke hängen – die habe ich als Student gehabt, aber doch nicht als Erwachsener!“
Kunst Oase, Hohenzollernstraße 58
Von Schwabing aus radeln wir direkt in Münchens Altstadt. Hier ist der Kustermann eine ganz besondere Adresse – das familiengeführte Unternehmen besteht nämlich bereits seit 1798, mittlerweile schon in der siebten Generation. Das prunkvolle Kustermann-Haus kam circa 70 Jahre später dazu. Bis heute hat es zwei Eingänge, einen zum Rindermarkt, einen am Viktualienmarkt – damals fuhren hier noch die Kutschen durch, die Stahlträger oder andere schwere Waren aufgeladen hatten. Zu jener Zeit war Kustermann vor allem für seine Eisengießerei und den Stahlbau bekannt, so half das Unternehmen beim Bau von Münchner Brücken und goss einige Gullydeckel, die sich bis heute in der Stadt entdecken lassen.
Seit den 50er-Jahren hat man sich auf den Handel mit Haushaltswaren spezialisiert, heute hat Kustermann über 70.000 Artikel im Angebot und ist damit das größte deutsche Fachgeschäft seiner Art – von der Schraube bis zum Fahrradreifen, vom Mixer bis zum Gartengrill findet man hier wirklich alles. Das Kaufhaus umfasst ingesamt 5000 Quadratmeter mit einer Vorführküche, einem Café, einer Dachterrasse sowie einer Eventlocation, die man für private Feiern oder Firmenevents mieten kann. Man kann sich auch ein Privatshopping mit eigener Beratung buchen oder individualisiertes Besteck vor Ort anfertigen lassen.
Das Hauptaugenmerk bei Kustermann liegt allerdings auf besonderem Porzellan, Keramik und Glas, weltbekannte Marken wie Meissen oder Fürstenberg haben sogar eigene Abteilungen. Und wer sich bei seinem München-Besuch in ein schönes Tafelservice verliebt, muss zum Glück nicht lange überlegen, wie er die neuen Schätze nach Hause transportiert. „Wir liefern rund um die Welt – die weiteste Adresse lag bisher in Thailand“, erzählt uns Susanne Waldherr, die Assistenz der Geschäftsführung.
Von ihr erfahren wir auch, welche Mitbringsel bei München-Gästen besonders beliebt sind: „Momentan ist es die exklusive München-Tasse von Meissen, Klassiker zu jeder Jahreszeit sind Maßkrüge in verschiedenen Ausführungen, die Schweizer Taschenmesser und Backformen wie der Guglhupf.“ Viele der Artikel sind hergestellt in Deutschland – darauf legt man bei Kustermann wert, aber auch immer mehr Kundin*innen achten darauf. Ganz egal ob national oder international, das Siegel „Made in Germany“ ist immer noch viel wert.
Kustermann, Viktualienmarkt 8
Ebenso wie der Kustermann gehört auch der Bettenrid ein paar Straßen weiter zu Münchens ersten Häusern, ein Zusammenschluss von Traditionshäusern in der Innenstadt. Hier hat Bettenrid gleich zwei Läden – in der Neuhauser Straße und der Theatinerstraße, außerhalb der Stadt kann man zudem im Bettenrid Outlet im Brunnthal shoppen. Das Unternehmen feierte erst sein hundertjähriges Bestehen. Alles begann im Jahr 1916 mit der Münchnerin Rosa Zaininger, die mit dem Fahrrad die Bettdecken ihrer Kund*innen abholte, um diese zu reinigen. Ein paar Jahre später erweiterte sie ihr Geschäftsmodell und eröffnete einen Laden, in dem sie dann auch Bettdecken zum Verkauf anbot.
Bettenrid hat bis heute beides im Angebot: Man kann im Laden sowohl hochwertige Bettdecken kaufen, als auch seine eigenen Decken zur Reinigung abgeben. Dafür werden die Daunen von der Bettdecke getrennt und einzeln gewaschen – diesen Service bieten nur noch wenige Geschäfte an. „Zu den luxuriösesten Füllungen gehören die Daunen der wildlebenden Eiderente, die ausschließlich auf Island lebt. Diese Daune gilt als besonders nachhaltig, weil das Tier sie sich selbst ausrupft, um damit das Nest zu wärmen“, erklärt uns Geschäftsführer Robert Waloßek.
„Zu den luxuriösesten Füllungen gehören die Daunen der wildlebenden Eiderente, die auf Island lebt. Diese Daune gilt als besonders nachhaltig, weil das Tier sie sich selbst ausrupft, um damit das Nest zu wärmen."
Im oberen Stockwerk dürfen wir dann auch einmal fühlen: In großen Schubkästen lagern neben Seide, Merinowolle und Kamelhaar nämlich auch verschiedene Daunenarten zum Anfassen – und die der Eiderente ist so leicht, dass man ihr Gewicht überhaupt nicht spürt, es ist als hätte man Luft in der Hand. Gleich nebenan gibt es Bettwäsche und Bettlaken in sämtlichen Größen. Von Waloßek erfahren wir, dass besonders die Übergrößen bis zu 2,40 Meter bei Tourist*innen beliebt sind. Ebenfalls ein Verkaufsschlager ist die Bettwäsche von Graser, die auf der Schwäbischen Alb handgefertigt wird. Die Stoffe kommen aus Italien – ein Set liegt bei etwa 200 Euro, dafür schläft man in Bettwäsche, die komplett in Europa produziert wurde.
Und auch bei den Matratzen und Betten setzt Bettenrid auf handgemacht in Deutschland. Lieber mehr Geld ausgeben für etwas, das man lange hat – auch Robert Waloßek beobachtet, dass das Thema Nachhaltigkeit bei seiner Kundschaft immer wichtiger wird. „Und die Leute haben wieder mehr Lust auf Individualität. Unser Haus in der Theatinerstraße wird deshalb auch nach seinem Umbau auf jeder Etage ein Maßatelier anbieten, in dem man sich Handtücher besticken oder Bettwäsche individualisieren kann – von der Paspelierung bis zum Knopf“, erzählt er uns stolz.
Bettenrid, Neuhauser Str. 12 & Theatinerstraße 47
Ein Besuch beim Radspieler sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen: Zum einen ist da das historische Radspielerhaus, das schon seit 1678 in der Münchner Altstadt steht. Das Innere sowie der romantische Garten mit Brunnen sind bis heute erhalten geblieben. In dem Gebäude hat im 19. Jahrhundert bereits Heinrich Heine gewohnt, seit 180 Jahren befindet sich hier das Ladengeschäft Radspieler. Damals noch einer der königlich bayerischen Hoflieferanten und bekannt für seine besondere Stoffauswahl. Zum anderen kann man eben bis heute in dem Traditionsgeschäft hochwertige Textilien aller Art erwerben – von Kleidung bis hin zu Kissen.
Mit rund 2000 Stoffen als Meterware sowie 2000 Musterbüchern, aus denen Stoffe bestellt werden können, hat der Radspieler die wohl größte Stoffauswahl in München – und verschickt diese auch auf Bestellung. Die Baumwoll-, Leinen- und Seidenstoffe kommen aus Italien, Frankreich, England und Belgien, einige werden sogar eigens für das Unternehmen angefertigt. Vor Ort kann man sich außerdem Kissen, Rollos und Vorhänge auf Maß anfertigen oder Sofas und Sessel neu beziehen lassen. Oder man lässt sich gleich ein ganzes Wunschmöbel bauen – auch das geht dank eigener Schreinerei.
„Besonders beliebt sind bis heute die Geschirrhandtücher mit Sprüchen, die von meiner Großmutter entworfen wurden, sowie die bayerischen Brotzeitbretter in Tierform.“
Dort entstehen auch die Möbel der Radspieler-Eigenmarke, die stehen dann neben bekannten Designerstücken von Carl Hansen, Thonet und Co. Wer möchte, kann sich in dem Münchner Traditionsgeschäft komplett einrichten – vom Stuhl über den Schrank bis zur Serviette. „Wir haben wirklich alles – eine Kundin hat uns einmal den Großvater des Concept-Stores genannt“, erzählt uns Anna-Maria von Seidlein, deren Vater der Geschäftsführer des Radspielers ist und die selbst für das Unternehmen arbeitet. „Besonders beliebt sind bis heute die Geschirrhandtücher mit Sprüchen, die von meiner Großmutter entworfen wurden, sowie die bayerischen Brotzeitbretter in Tierform.“
Radspielereien nennt man das hier – liebevoll ausgesuchte Wohnaccessoires, die sich wunderbar verschenken oder auch leicht im Koffer mitnehmen lassen. Darunter auch mundgeblasene Gläser aus Skandinavien, Geschirr aus Österreich oder Besteck aus Solingen. Der Radspieler möchte in seiner Stilrichtung bunt bleiben. „Viele kommen auch her, um sich inspirieren zu lassen im historischen Haus und in unserem wunderbaren Garten. Man kann auch einfach so vorbeikommen, auch wenn man nichts braucht“, empfiehlt Anna-Maria von Seidlein und diesem Ratschlag sollte man in jedem Fall nachgehen.
Radspieler, Hackenstraße 7